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Monumente der Stadt Neapel

Das Castel Sant’Elmo von Neapel

Die Besichtigung des Castel Sant’Elmo ist auch für Neapolitaner eine Besonderheit, da die Aussicht von diesem Schloss den hier umgänglichen Begriff Spaccanapoli geprägt hat. Die Position ermöglicht es zu sehen wie sich der untere Decumanus (Hauptstrasse) wie eine Linie durch die Altstadt in Richtung Bahnhofsgegend zieht. Neben dem Blick auf die Altstadt bietet das Schloss wegen der besonderen Lage praktisch einen Rundumblick auf die Stadt Neapel und seinen Golf mit den Inseln Capri, Ischia und Procida, dem Vesuv und die sorrentiner Halbinsel. Auf den 60000 Qm Fläche des Schlosses ist es möglich sich hier zu entspannen, die Aussicht bei einer angenehmen Brise zu geniessen oder auch das Museum Novecento mit 150 Werken der modernen Kunst zu besichtigen.

Die Position

In der römischen Zeit wurde der Hügel auf dem heute das Castel Sant’Elmo gebaut wurde noch Paturcium genannt, eine Ableitung des Begriffs Patulcius mit der Bedeutung “der den Himmel öffnet” ein weiterer Name des Gottes Janus war. Auf diesem Hügel wird 1170 in der normannischen Zeit Neapels ein Wachturm mit dem Namen Belforte errichtet.

Blick vom Meer: unten am Meer das Castel dell’Ovo, oben am Hang das Castel Sant’Elmo

Die Königsresidenz unter den Anjou

Um diesen Wachturm wird zwischen 1325 und 1343 unter Robert von Anjou eine befestigte Königsresidenz errichtet, dessen Bauleiter erst Tino da Camaino und Francesco de Vico waren und nach dem Tod des Tino von Attanasio Primario und Balduccio de Baeza weitergeführt wurden. Die Bauarbeiten wurden somit erst unter der Herrschaft der Johanna I. von Anjou beendet. Die Königsresidenz hatte sicherlich bereits eine dem Heiligen Erasmus gewidmete Kappelle, da die Königsresidenz 1348 als Castrum Sancti Erasmi bezeichnet wird. Die Ableitung aus diesem Namen blieb bis heute im Namen Castel Sant’Elmo bestehen. Die ursprüngliche Königsresidenz der Anjou wurde im provenzalischen Stil mit einer quadratischen Struktur auf drei Etagen mit zwei Türmen, doppelten hohen Verteidigungsmauern, einem Graben und einem bewohnten Innenhof errichtet.

Der Blick in Richtung Posillipo und Mergellina

Der Verkauf an das Haus Aragon

Das Castel Sant’Elmo erlebt verschiedene Belagerungen wie die des Ludwig I. von Ungarn um den Tod seiner Bruders und Gemahlen der Johanna I. Andreas von Ungarn zu rächen sowie die des Karl von Duraz (in diesem Fall mit einem erfolgreichen Ausgang). Im Jahr 1416 wird das Schloss interessanterweise von der Tochter Johanna II. an den Rivalen Alfons V. von Aragon für 10500 Dukaten verkauft, der hier später mit seiner neapolitanischen Geliebten Lucrezia d’Alagno verschiedene Treffen und Feste organisieren wird.

Der Erneuerung der Festung unter der spanischen Krone

Bei einem der Kämpfe in Italien des französisch-spanischen Krieges zwischen Franziskus I. und Karl V. wird das Schloss unter Marschall Odet de Foix 1528 fast komplett zerstört. Der Wiederaufbau des Castel Sant’Elmo wird unter der Leitung des spanischen Militärarchitekten Pedro Luis Escrivà unter Vizekönig Pedro de Toledo nach einem Besuch des Imperators Karl V. in den Jahren 1537 bis 1546 geleitet. Die Festung des 16. Jahrhunderts wird mit dem lokalen gelben Tuffstein errichtet und basiert auf einer einer sternförmigen Planimetrie mit 6 Ecken (bzw. ist aus sechs Dreiecken geformt), die sich jeweils 20 Meter vom Zentrum entfernen. Es ist bis heute das einzige sechseckige Schloss ohne Türme der Welt. Das seltene Experiment innerhalb des militärischen Bauwesens ein Schloss ohne Türme zu bauen brachte den Vorteil sich der Bodenstruktur des S. Martino Hügels anpassen zu können und somit auf weniger Seiten verteidigt werden zu müssen.

Die Struktur des Castel Sant’Elmo als Luftaufnahme

Die Verteidigungsanlage

Die Castel Sant’Elmo besticht durch auffällig dicke Mauern und ist etwa 200 Meter lang und 100 Meter breit. Die Festung besteht aus 7 Etagen (vom unterirdischen Bereich bis zur Piazza d’Armi) in denen die Gänge mehrmals auf den 50 Metern Höhe aufeinandertreffen. Die besondere Form des Castel Sant’Elmo auf dem natürlichen Tuffsteinhang mit insgesamt 12 manchmal doppelten Öffnungen für Kanonenschüsse und vielen Einlaufgittern aus denen man heisse Materialen heraus werfen konnte machten die Verteidigungsanlage besonders wirksam.

Das Portal mit Zugbruecke

Das Innenleben der Anlage

Das Castel Sant’Elmo wird eines der wichtigsten Schlösser in der Zeit des spanischen Vizekönigreiches von Neapel. Neben den Wohneinheiten für die spanische Besatzung besass das Castel auch einen Gerichtshof, Gefängnisse, Büros, Waffenlager, zwei grosse Wasserzisternen (wovon eine das heutige Auditorium ist), eine Mühle, einen Metzger, Küchen, Öfen sowie Lager- und Waschräume. Im Jahr 1587 schlägt ein Blitz auf ein Pulverfass ein, bei dessen Explosion die Wohnungen der Besatzung und die Kirche zerstört wurde und insgesamt 150 Todesopfer forderte. Eine Restauration der Schäden findet in den Jahren von 1599 bis 1610 unter dem königlichen Architekten Domenico Fontana statt.

Der untere Bereich des Schlosses

Die Umwandlung in ein Gefängnis

Zwischen dem 17. und dem 18. Jahrhundert wird das Castel Sant’Elmo oft als Gefängnis für aus politischen Gründen Inhaftierte verwendet. Unter ihnen war auch der dominikanische Philosoph Tommaso Campanella, der hier sein berühmtestes Werk “La città del sole” verfasste. Bei dem berühmten Volksaufstand unter Masaniello fand der spanische Vizekönig Herzog d’Arcos hier erfolgreich Schutz vor dem wütenden Volk. Im Jahr 1799 wird das Castel Sant’Elmo von den Jakobinern eingenommen um die parthenopeischen Republik zu proklamieren und die Flagge der Freiheit aufzuhängen. Die Patriotin Eleonora Pimentel Fonseca verfasste hier ihre Freiheitsschriften und wird zusammen mit anderen Revolutionären wie Luisa Sanfelice und Gennaro Serra di Cassano später erhängt. Nach der Vereinigung Italiens im Jahr 1860 wird das Castel Sant’Elmo bis ins Jahr 1952 in ein Militärgefängnis umgewandelt

Das Castel Sant’Elmo heute

Die Konstruktion neben der Aufstiegsrampe ist ein altes Wachgebäude, während die Holztreppe mit der Aufschrift “Le Jardin” der Gewinner des Wettbewerbs “Un opera per il castello” (Ein Werk für das Schloss) aus dem Jahr 2013 ist und den Schlossgarten anbindet. Über eine Treppe kommt man in die sogenannte Eremitengrotte in dessen Innenbereich in der frühchristlichen Zeit ein Asket lebte. Über dem mit einer Fallbrücke verbundenen Eingangsbereich ist eine Inschrift des Maso da Fiesole von 1538 zu sehen, die an den Besuch des spanischen Imperators Karl V. im Jahr 1535 erinnert. Eine bedeckte breite und für Kutschen befahrbare panoramische Rampe führt zum Hauptplatz des Castel Sant’Elmo, die Piazza d’Armi, die weiterhin den ursprünglichen Fussboden der Restauration des Domenico Fontana aufbewahrt.

Die Linie der Altstadt Strasse Spaccanapoli und der Vesuv

Die S. Erasmo Kirche

Die dem Heiligen Erasmus gewidmete Kirche wurde wieder neu errichtet indem sie einen vorherigen Wohnbereich inglobierte und befindet sich nun auf der südöstlichen statt auf der nordöstlichen Seite der Piazza d’Armi. Der Innenbereich der Kirche bewahrt einige Grabsteine der berühmten Schlossbewohner des 16., 17. und 18. Jahrhunderts zwischen dem Terracotta-Fussboden mit Maiolika Fliesen auf. Das einzige Monument aus der vorherigen Kirche ist das Grabmahl des Pedro de Toledo, gleichnamiger Cousin des damaligen Königs, des neapolitanischen Bildhauers der späten Renaissance Annibale Caccavello. Auf dem Hauptalter der Kirche steht eine Skulptur des Heiligen Erasmus aus dem 19. Jahrhundert, Schutzpatron der Seefahrer des Mittelmeeres, unter einem Gewölbe mit dem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Fresko der Mariä Aufnahme in den Himmel.

Das Museum der Kunst des 20. Jahrhunderts in Neapel

Auf der Piazza d’Armi befindet sich sowohl der Bibliothek der Kunstgeschichte “Bruno Molajoli” als auch das Museo Napoli Novecento, das Museum das Kunstwerke aus den Jahren 1910 bis in die 1980er, das auch in den letzten Jahren immer wieder neue Aufkäufe tätigte. Insgesamt sind hier 150 Werke von 90 verschiedenen Künstlern zu besichtigen die in drei Bereiche aufgeteilt wurden:

  • Der Anfang des 20. Jahrhunderts: die Sezession der 23 – Erster und zweiter Futurismus – Jugendstilkeramik und die Mostra d’Oltremare – Die Rückkehr zur Ordnung – Neorealismus – Gruppo Sud – Die Bewegung der konkreten Kunst – Das Informale
  • Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts: Nukleare Kunst – Gruppo 58 – Visuelle Poesie – Gemometrie und Recherche – PopArt – Konzeptkunst – Transavantgarde
  • Die Kunst der 1980er Jahre.
Ein Kunstwerk des Museo Novecento

Panoramablicke mit zeitgenössischer Kunst

Entlang des breiten Ganges an den Schutzmauern des Castel Sant’Elmo ist einer der wenigen panoramischen Ausblicke möglich, die praktisch einen Rundumblick von 360 Grad über die Stadt Neapel ermöglichen. Eine weitere Besonderheit sind die “site-specific” Installationen, die von dem alljährlichen Wettbewerb “Un opera per il castello” stammen. Jedes Jahr wird das Projekt des Gewinners eingerichtet um das kulturelle Angebot des Castel Sant’Elmo zu erweitern

Informationen

  • Öffnungszeiten Castel Sant’Elmo: Jeden Tag von 9:30-19.30
  • Öffnungszeiten Museum: Jeden Tag von 9:30-17, Dienstag geschlossen
  • Eintrittspreise: 5€, Di. 2,50€ wegen dem geschlossenen Museum

Erleben Sie mit mir oder einem meiner qualifizierten Kollegen die Stadt Neapel bei einer Führung. Gerne können Museen, Kirchen oder andere Besonderheiten individiduell ins Programm eingefügt werden.

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Der Fontanelle Friedhof in Neapel

Der Fontanelle Friedhof ist ein historischer Friedhof innerhalb des Viertels Sanità in der Stadt Neapel und eines des faszinierendsten und intimsten Erlebnisse mit einem Totenkult, den man bei einem Besuch am Golf von Neael machen kann. Dieser abgelegene Bereich des Viertels Sanità trägt den Namen Fontanelle da hier früher eine Vielzahl von Wasserquellen aktiv waren und ist heute ein Arbeiterviertel der Baubranche und der weniger Wohlhabenden. Auf der Via Fontanelle sind eine grosse Anzahl von Höhlen zu sehen, in denen bis ins 19. Jahrhundert hinein der Tuffstein als Baumaterial abgebaut wurde. Der Fontanelle Friedhof befindet sich in einer dieser Höhlen und hat eine Gesamtfläche von etwa 3000 Quadratmetern. Hier werden seit mindestens 4 Jahrhunderten die Überreste von Verstorbenen aufbewahrt, die sich keine ehrwürdige Bestattung leisten konnten.

Der Ursprung

Bis ins 16. Jahrhundert wurden die Verstorbenen der Stadt Neapel in den Kirchen bestattet. Durch den starken Bevölkerungswachstum in einer Zeit in der sich Neapel zu den grossen Städten der Welt entwickelte, fehlte es in den Kirchen an Raum so das die alten Reliquien aus den Kirchengräbern in die Höhlen wie die des Fontanelle-Friedhofs verlegt wurden. Das Jahr in dem die aktuelle Höhle zum Fontanelle Friedhof wird ist das Jahr der schwarzen Pest 1656, bei der ca. 250000 Menschen und somit über die Hälfte der Bevölkerung Neapels den Tod finden wird. Weitere Epidemien, Volksaufstände und das Erdbeben von 1688 werden in jenem Jahrhundert weitere Tote fordern und den Friedhof füllen.

Der Fontanelle Friedhof steht seit 2010 wieder jeden Tag offen

Das Edikt von Saint-Cloud und der Knochentransport

Der Architekt Carlo Praus berichtet im Jahr 1764 von einer viele Menschenleben fordernden Hungersnot, bei der der Fontanelle Friedhof als öffentlicher Friedhof für die Armen des Volks verwendet wurde, die sich keinen Platz in den Kirchen leisten konnten. Der Architekt präsentiert im Jahr 1810 unter der Herrschaft von Murat, 6 Jahre nach dem Edikt von Saint-Cloud, das Projekt für einen grossen Friedhof in dem die Nekropole der Fontanelle erweitert wird. Die Cholera Epidemie des Jahres 1837 fordert weitere Todesopfer, doch besonders das Verbot des gleichen Jahres Reliquien in den Kirchen aufzubewahren führt dazu das eine immense Menge von menschlichen Überresten auf bewachten Kutschen in den Fontanelle Friedhof gebracht werden.

Die Ordnung durch Don Gaetano Barbati

Im Jahr 1872 sortiert der Stiftsherr Don Gaetano Barbati, für manche fälschlicherweise als ein Priester des Viertels Materdei gehalten, mit Hilfe von vielen Frauen aus dem Volk die Knochen so wie wir sie heute noch sehen. Unter Aufsicht des damaligen Kardinals Sisto Riario Sforza werden die Reliquien nach Körperteil sortiert (Schädel, Becken, Schienbeine) und in der ersten Höhle eine provisorische Kirche eingerichtet. Dabei sind alle Reliquien anonym bis auf die beiden Skelette von Filippo Carafa Herzog von Cerreto Sannita gest. 1797 und seine Ehefrau Donna Margherita Petrucci gest. 1795, die beide in Särgen mit einer Glaswand aufzufinden sind. Heute sind im Fontanelle Friedhof die Knochen von 40000 Menschen zu sehen wobei man allerdings weiss das sich unter dem aktuellen Fussboden noch mindestens 4 Meter tief zigtausende von Menschen begraben liegen. Die Ordnung der Reliquien des Barbati folgt einer klaren Einteilung:

  • Auf dem linken Gang (Navata dei Preti) hinter der Kirche wurden die Reste aus den Kirchen und religiösen Orden gesammelt
  • Im zentralen Gang (Navata dei Appestati) liegen die Reliquien der Opfer der verschiedenen Epidemien
  • Im rechten Gang (Navata dei pezzentelli) liegen die Knochen der Armen, die sich kein Grabmahl leisten konnten.
Rosenkreuze als Erinnerung des Kults der anime pezzentelle

Die Schliessung und die Wiedereröffnung im Jahr 2010

Im Juli 1969 wird der Fontanelle Friedhof durch ein ekklesiastisches Dekret vom damaligen Kardinal Corrado Ursi geschlossen, da es Sorge um die Verbreitung des Kults der anime pezzentelle (Die Seelen der Armen) innerhalb der Bevölkerung gab. Dieser Aberglaube war nicht mit der katholischen Lehre des vatikanischen Konzils zu vereinbaren und so erlaubte man nur noch eine Messe im Monat um den Seelen im Fegefeuer zu huldigen und die Öffnung an jedem 2. November des Jahres zu Allerseelen. Nach einer Sicherstellung des Friedhofs im Jahr 2002 und der alljährlichen monatlichen Öffnung zum Mai der Monumente gibt es 2010 eine friedliche Besetzung der Bewohner des Viertels Sanità woraufhin der Fontanelle Friedhof wieder das ganze Jahr über zu besichtigen ist.

Die Kirche im Fontanelle Friedhof

Die von Barbati eingerichtete Kirche ist auf dem linken Flügel des Eingang zum Anfang des linken Ganges zu besichtigen. In ihr ist auf der rechten Seite eine Reproduktion des Grotte von Lourdes mit einer Skulptur der heiligen Bernadette und der unbefleckten Mutter Gottes zu sehen. Auf der rechten Seite ist weiterhin ein liegender Christus nach dem Modell des verschleierten Christus der Kappella Sansevero zu sehen. Auf dem Hauptalter wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine lebensgrosse Krippe mit Josef und Maria aufgestellt, die auch in der faszinierdenden Beschreibung von Roger Peyrefitte zu lesen ist. Unter dem grossen Fenster sind zwei Särge aufgestellt, in denen die Knochen verstorbener Kinder gesammelt wurden.

Die Krippe in der Kirche des Fontanelle Friedhofs

Besondere Bereiche

Innerhalb des Fontanelle Friedhofs sind weitere Sonderbereiche zu sehen. Der Knochenberg mit dem Holzkreuz ist das sogenannte Tribunal in der angeblich die Guappi (Die vorlauten Bosse des Viertels Sanità) ihren Eid leisten mussten. Die im Schrank eingesetzt Knochensammlung im zentralen Gang zeigte ursprunglich eine Skulptur der Auferstehung Christi. Im letzten Anthrum im rechten Gang sind noch die Sitze zu sehen, auf denen man die Leichname wie in den Katakomben von San Gaudioso austrocknen liess. In diesem Bereich sind auch noch die Löcher zu sehen, die von den Steinhauern verwendet wurden um den Tuffstein zu fördern.

Das Tribunal mit dem grossen Kreuz

Der Kult der Seelen der Armen (anime pezzentelle)

Ein interessanter Kult der die Verbindung eines Teils der Bevölkerung Neapels mit dem Tod und einer direkten Anbetung sowie eine Verbindung mit dem überirdischen aufzeigt ist der sogenannte Kult der anime pezzentelle (der Seelen der Armen), an den sich noch ein grosser Teil der Bevölkerung Neapels erinnert. Bis noch vor wenigen Jahrzehnten gab es im Fontanelle Friedhof den Brauch, das ein Gläubiger einen Schädel aus dem Friedhof auswählte und ihn adoptierte, in dem er ihn pflegte und für ihn betete um als Tausch eine Bitte abzugeben. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Friedhof jeden Montag geöffnet um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben einen direkten Kontakt mit der Seele des Verstorbenen aufzunehmen. Dabei wurde der ausgewählte Schädel gesäubert, auf ein handgestricktes Tuch gelegt und mit Blumen, Lichtern und einem Rosenkranz bedacht. Nach etwas Zeit wurde das Tuch mit einem ornierten Kissen getauscht damit die Seele des Schädels sich nach viel Zuwendung im Traum zeigen wollte. Die Seele fragte nach der Volkstradition nach Gebeten und Zuwendung (im neapolitanischen Refrisco, also eine Erfrischung) um die Qualen des Fegefeuers zu erleichtern.

Die Bitte an die Seele des Armen

Im Gegensatz konnte man die Seele zum Beispiel nach einem kleinen Wunsch oder auch den Nummern für einen Lottogewinn fragen. So war es nicht selten das ein Schädel aus Enttäuschung verlassen wurde um sich einen anderen zu suchen. Wenn hingegen der Wunsch in Erfüllung ging wurde dem Schädel zum Dank je nach Vermögen eine Kiste, Vetrine odereine Schachtel zur Aufbewahrung spendiert. Die Schädel wurden nie mit einem Grabstein versehen um eine Kommunikation im Traum zwischen dem Lebenden und dem Toten nicht zu unterbinden und so mehr über die Identität und die Lebensgeschichte des Toten zu erfahren. Der devote kehrte daraufhin zum Toten zurück um seinen Traum zu erzählen. Wenn die Seele eines Schädels als besonders grosszügig galt kamen nicht selten auch weitere Besucher des Friedhofs zur Verehrung des Schädels hinzu. Das Schwitzen eines Schädels, besonders intensiv am sogenannten Schädel der Concetta zu sehen, galt als gutes Zeichen für die Annahme einer Bitte, während Trockenheit mit Leiden und einer bösen Seele in Verbindung gebracht wurde.

Der verehrte schwitzende Schädel der Concetta

Starke Verbreitung während und nach dem zweiten Weltkrieg

Dieser Kult wurde vorallendingen während und nach dem zweiten Weltkrieg in einer Zeit der Verzweiflung ausgeübt, in der getrennte Familien getrennt, verlorenen Verwandte, zerstörte Wohnungen oder auch Hungersnöte normal waren. In einer Zeit wo es schwer war Hilfe von Lebendigen zu bekommen, wandte man sich praktisch an das Reich der Toten und Seelen um ein wenig Hoffnung zu finden, sein Leiden zu teilen und nach etwas Glück und Hoffnung zu suchen.

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Das Baptisterium des San Giovanni in Fonte in Neapel

Das Baptisterium des San Giovanni in Fonte ist aus der Basilika der Santa Restituta innerhalb der Kathedrale von Neapel zu erreichen und wurde unter Bischof Severo (363-409 n. Chr.) wohl zwischen dem Ende des 4. und dem Anfang des 5. Jahrhunderts errichtet und wird einer weiteren Restauration unter Bischof Sotero im Jahr 465 unterzogen. Nach dem Edikt des Konstantin von 313 n. Chr. werden die meisten frühchristlichen Bauten noch meist in distanzierten Stellen wie den Katakomben oder den Domus Ecclesiae errichtet, bei dem das klassische Repertorium mit einer christlichen Symbolik ausgestattet wird. Das Baptisterium des San Giovanni in Fonte wird in der Zeit gebaut, als die christliche Kunst aus den Domus Ecclesiae entnommen wird und in die öffentlichen Bauten integriert wird. Damit ist es wohl eines der ältesten Taufbecken des Westen Europas.

Das erhaltene Mosaik der Taufkappelle

Die Struktur und die Restauration

Das Baptisterium des San Giovanni in Fonte hat eine quadratische Strukur mit Trompen und einem oktagonalen Tambour, auf der sich die Kuppel richtet. Die quadratische Struktur ist im Westen Europas praktisch ein Unikum und bezeugt die intensiven Einflüsse aus dem Osten Europas zu jener Zeit. Der ursprüngliche Zugang war in Richtung Innenhof gerichtet und wurde wohl bei der Inglobierung der Basilika der Santa Restituta zur Zeit der Anjou im 14. Jahrhundert verändert. Während der Fussboden und der Bogen moderne Erneuerungen sind, gibt uns die Restauration der Mosaike im Jahr 1989-90 heute die Möglichkeit, die Motive dieser frühchristlichen Dekoration zu lesen und das erhaltene Becken in Estrichmörtel zu erkennen.

Die Struktur des Baptisterium des San Giovanni in Fonte

Das Mosaik des Baptisterium des San Giovanni in Fonte

Das Mosaik stammt wahrscheinlich noch aus der Zeit des Bischofs Severo und somit von der Originalstruktur des Baptisteriums. Wie bei der Struktur ist auch die Stil der Dekoration typisch für den östlichen Bereich des Mittelmeers und einzigartig für die westeuropäische christliche Welt jener Zeit. Damit ist das Mosaik des Baptisterium des San Giovanni in Fonte eines der wenigen erhaltenen frühchristlichen Wanddekorationen des Süden Italiens und das wohl wichtigste Werk dieser Zeit der Stadt Neapel und der Region Kampanien. Girlanden und Bordüren mit Früchten, Blättern, Vasen und Vögeln umrunden das Christusmonogramm im Zentrum der Decke und eine Darstellungen des Testaments zum Ritus der Taufe. Von ihnen sind noch die Hochzeit zu Kana, Christus und die Samaratierin am Jakobsbrunnen, Christus auf dem Globus diktiert das Recht, der Heilige Petrus wird vom Wasser gerettet und ein Teil des wunderbaren Fischfangs erhalten. In der Trommel mischen sich die Darstellungen der Heiligen und Apostel mit den Symbolen der vier Evangelisten, von denen eines leider verloren ging, die von der Alegorie der Rehe an der Quelle, Lämmern und dem Guten Hirten umrundet werden. Weder die erneuerte Dekoration mit Fresken und Ölfarben aus dem 17. Jahrhundert von dem noch Reste zu erkennen sind, noch die Restauration von 1898 haben das Mosaik mit neuen Motiven integriert, so das ein herausragendes Dokument der frühchristlichen Kunst mit Einflüssen der spätantiken Naturalismus erhalten blieb, die sich zwischen der Kunst der Antike und dem später dekorierten Mausoleum der Gallia Placida von Ravenna einordnet.

Der wunderbare Fischfang, Teil des Mosaiks im Baptisterium

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Die Basilika der Santa Restituta

Auf dem linken Kirchenschiff der Kathedrale von Neapel befindet sich der Zugang zur frühchristlichen Basilika der Santa Restituta, dem ursprünglichen Bischofssitz der Stadt Neapel, die vom Imperator Konstantin im 4. Jahrhundert nach Christus der Legende nach auf einem ehemaligen Apollo-Tempel (wobei es hier keine archäologischen Beweise gibt) gegründet wurde. Die Basilika ist eine der ältesten Dokumente der frühchristlichen Kunst innerhalb der Region Kampanien.

Die Struktur der Basilika

Die Struktur

Die Struktur der Basilika der Santa Restituta hatte ursprünglich fünf Kirchenschiffe, die durch antike Säulen getrennt wurden. Doch während der anjouinischen Zeit wird die Basilika der Santa Restituta modernisiert und zwei Kirchenschiffe in Kappellen umgewandelt. Um die aktuelle Kathedrale einzurichten wurde die Basilika zudem gekürzt und von die Fassade entfernt. Heute kann man nach der Restaurierung im Jahr 1972 noch einen Teil der frühchristlichen Struktur im Hauptschiff, das weiterhin von antiken Marmor- und Granitsäulen mit korinthischen Kapitellen gestützt wird, sowie in der kugelförmigen Absis mit einem nordafrikanischen Einfluss in der Dekoration erkennen. Von der Erneuerung der Basilika der Santa Resituta durch die Anjou stammen die Spitzbögen über den Kappellen und der erhöhte Fussboden, der auf die Ebene der neuen Kathedrale von Neapel angeglichen wurde. Von dem originalen Mosaikfussboden sieht man nur vereinzelt Reste neben manchen Säulen, von denen damals eine grössere Länge sichtbar war als heute. Der Rest der Struktur stammt komplett von der Erneuerung durch Arcangelo Guglielmelli nach dem Erdbeben von 1688, das sowohl in der Kathedrale, aber besonders in der mittlerweile baufälligen Basilica erhebliche Schäden anrichtete.

Die Decke mit dem Bild von Luca Giordano

Die Dekoration des Hauptschiffs

Die Decke auf Papier und Leinwand ist vielleicht noch vom Ende des 17. Jahrhunderts, wurde aber mehrmals restauriert, während das zentrale Bild Der Körper der Santa Restituta wird auf einem Boot von den Engeln nach Ischia getrieben von Luca Giordano stammt. Die Seitenwanddekoration mit den 18 runden Bildern des Christus, der Jungfrau und den Aposteln des Francesco de Mura sowie die 16 Bilder zwischen den Fenstern von Santolo Cirillo wurden von zwei Gläubigen der Basilika der Santa Restitura im Jahr 1734 gespendet und eingesetzt. Über dem Christus in der Mandel am Hauptaltar ist das barocke Fresko der 24 Senioren der Apokalypse von Lorenzo Vaccaco zu sehen, das um das Jahr 1690 gefertigt wurde.

Der Christus in der Mandel am Hauptaltar

Der Hauptaltar

Die Dekoration im byzanthinischen Stil am Hauptaltar mit dem Fresko der Deësis des Christus stammt wohl aus den Jahren zwischen dem 11. und dem 12. Jahrhundert nach Christus, aus einer Zeit wo die Basilika der Santa Restituta noch dem Christus und nicht der afrikanischen Schutzpatronin aus Ischia gewidmet war. Die Technik das Gesicht auf einer Holztafel in die Wand einzusetzten und umrum mit Wolken, Figuren und Tieren als Fresko zu dekorieren ist leider nur noch am Gesicht des Christus zu erkennen. Von der ursprünglichen Dekoration ist nur noch die grosse Figur mit dem sogenannten Christus in der Mandel und dem blauen Himmel und dem Engel oben links und Fragmente der Symbole der vier Evangelisten am Rand des Bildes erhalten. Auch wenn ein Teil der heutigen Dekoration vom Ende des 16. Jahrhunderts, wohl von Silvestro Buono, sowie aus dem 18. Jahrhundert stammt, bleibt dieses Werk der einzige Rest der romanischen Kunst der Stadt Neapel und zeigt die starke Bindung zwischen dem Herzogtum von Neapel mit der byzanthinischen Hauptstadt des oströmischen Imperiums. Im Zentrum des Hauptaltars hängt eine sehr schöne Tafel vom Anfang des 16. Jahrhunderts mit der Madonna im Thron zwischen dem Heiligen Michel und der Heiligen Restituta von Andrea Sabatini oder Stefano Sparano, die den Einfluss der Kunst aus Mittelitalien und Venetien in jener Zeit aufzeigt.

Die Kappellen im rechten Kirchenschiff

Auch wenn die rechten Kappellen keine artistischen Highlights aufweisen, sind auch hier einige schöne Werke zu beobachten: in der zweiten Kappelle hängt ein gut gelungenes gothisches Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert, in der letzten Kappelle hängen einige Geschichten des San Gennaro vom toskanischen Künstler Giovanni Balducci. Am Ende des Seitenschiffs sind einige Reste der gothischen Fresken im Stil des Cavallini des Jüngsten Gerichts und ein Renaissance-Ziborium auf einem wiederverwendeten antiken Sarkophag beim Grabmahl des Riccardo Piscicelli. Hier ist der Zugang in das frühchristliche Baptisterium des San Giovanni in Fonte, das wegen seiner Wichtigkeit in einem gesonderten Artikel beschrieben wird.

Das Mosaik von Lello da Orvieto

Das linke Kirchenschiff

Auf der linken Seite der Absis erhält die grosse Kappelle der Santa Maria del Principio mit dem Bild der Madonna del Principio zwischen den Heiligen Restituta und Gennaro eine weitere rare Kunstverziehrung. Das Mosaik, was vielleicht einen älteren Urspung hat, trägt die Unterschrift des ebenfalls in der Kathedrale von Neapel tätigen Lello da Orvieto mit dem Jahr 1322. Die Kappelle erhält auch Fresken des Giovanni Balducci und einer Tafel des aus Kalabrien stammenden Negroni, eine absolute Besonderheit sind aber die beiden Brüstungen aus Marmor, wohl Teil einer Kanzel aus dem 13. Jahrhundert, die mit den Geschichten der Heiligen Josef und Samson sowie den Geschichten des Heiligen Gennaro und anderen eine wahres Meisterwerk der spätromanischen Kunst darstellen. Neben dieser Kappelle ist auch der Zugang in einen momentan geschlossen unterirdischen Bereich des griechisch-römischen Neapels und zur Sakrestei der Basilika der Santa Restituta. Kurz vor dem Ausgang ist noch der 1887 nach hier verlegte ehemalige Altar der Crypta der Kathedrale von Domenico Antonio Vaccaro von 1735 sowie das Ehrengrabmahl gelehrten Kanonikers des Alessio Simmaco Mazzocchi des Giuseppe Sammartino von 1776.

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Die San Giovanni a Carbonara Kirche von Neapel

Obwohl die San Giovanni a Carbonara Kirche zu den bedeutendsten Kirchen der Region Kampanien gehört, wird sie selten von den Besuchern der Stadt Neapel besichtigt. Die etwas unglückliche Lage, am Rande der Altstadt an einer bewegten Strasse in Richtung Hauptbahnhof, lässt dieses artistische Juwel etwas in Vergessenheit geraten. Die Via Carbonara und das Gebiet um die Porta Capuana wird seit 2019 aufgewertet und eine sorgfältige Besichtigung dieses kleines Meisterwerks ist in jedem Fall empfehlenswert. Innerhalb der Kirche befinden sich zwei der bedeutendsten Kappellen der Stadt, die Caracciolo del Sole Kappelle und die Caracciolo di Vico Kappelle, die in zwei gesonderten Artikeln behandelt werden.

Das Gründungsgebiet der San Giovanni a Carbonara Kirche

Die San Giovanni a Carbonara Kirche in der Via Carbonara, nach dem mittelalterlichen Begriff Carbonetum benannt, lag knapp ausserhalb der damaligen Stadtmauer in einem Bereich der Schutt- und Müllablagerung der Stadt. Erst unter Karl II. von Anjou wurde der Bereich aufgewertet um hier Feste und Spiele zu organisieren und einen grossen Adelspalast gegenüber zu erbauen, der später von der Adelsfamilie der Caracciolo di Santobuono aufgekauft und heute in ein renommiertes Hotel umgewandelt wurde. Die Caracciolo Familie, eine der bedeutendsten des Königsreichs von Neapel, hatten grossen Einfluss auf dieses Stadtviertel und haben in den verschiedenen Kirchen einige der schönsten Kappellen der Stadt hinterlassen.

Der Ursprung der Kirche

Der Bau der San Giovanni a Carbonara Kirche startet ab 1343 als Gründung des Augustinerordens auf einem vom Adelsmann Gualtiero Galeota geschenkten Baugrund und werden um 1418 beendet. Zum Ende des 14. Jahrhundert unter Ladisolao von Duraz wird die Kirche praktisch zu einem Pantheon der Königsfamilie der Anjou. Hinter der geradeliniegen Absis wurde ab 1427 unter Sergianni Caracciolo die Caracciolo del Sole Kappelle angesetzt, die eine von der Kathedrale von Neapel inspirierte besonders hohe Schirmdecke aufweist. Während die Caracciolo del Sole Kappelle vom Innenbereich der Kirche auf einem ersten Blick kaum auffällt, bestimmte sie ästhetisch den Aussenbereich der Kirche, wie man auf einigen Bildern Neapels des 15. Jahrhundert beobachten kann. Heute dominiert die damals die Häuser überragende monumentale gothische Kirche wegen den vielen Gebäuden der Gegend das Stadtbild nicht mehr. Zudem hat die San Giovanni a Carbonara Kirche wegen dem Bau der di Somma Kappelle im 16. Jahrhundert ihre Fassade verloren und wird von den Kappellen der Santa Monica, di Somma und dem Kloster umgeben, so das sie von innen allein durch vier Monoforien an der südlichen Wand beleuchtet wird.

Der Treppe zum Eingangsbereich

Die steile Treppe zur Kirche wird nach dem Erdbeben 1688 durch den neapolitanischen Stararchitekten des früheren 18. Jahrhunderts Ferdinando Sanfelice durch das Einsetzen der Treppe mit dem szenographischen Effekt eines zusammenlaufenden Sturzbachs und den 3 Vorbereichen sowie der Restaurierung der unteren Kirche (Santa Maria Consolatrice degli Afflitti) stark verändert. Das Werk des Ferdinando Sanfelice scheint der Kirche eine Fassade zu geben, obwohl der Eingangsbereich tatsächlich gar nicht sichtbar ist, der zu dem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden war. Das Werk des Ferdinando Sanfelice ist auch die Erneuerung der drei Kreuzgänge und der reichen Bibliothek, die heute leider nicht zu besichtigen sind.

Die Treppe der San Giovanni a Carbonara Kirche
Das Eingangstor

Der Zugang in die San Giovanni a Carbonara Kirche geht über ein spätgothisches neapolitanisch-toskanisches Eingangstor von ca. 1430 über einen Seiteneingang des Hauptschiffs seitdem im 16. Jahrhundert die Errichtung der di Somma Kappelle den Haupteingang ersetzt hat. Über dem Eingangstor sind noch die Reste eines Wandfresco des Leonardo da Besozzo mit den Heiligen Augustin und Thomas zu erkennen, während die Madonna mit Madonna mit Kind aus der linken Nische aus Sicherheitsgründen in das linke Kirchenschiff vor die di Somma-Kappelle gebracht wurde.

Das rechte Kirchenschiff

Rechts vom Eingang liegt die dem heiligen Bartholomäus gewidmete Kappelle der Familie Recco mit einem Marmoraltar im Stile der reifen Renaissance des lombardischen Bildhauers Tommaso Malvito. Auf dem Marmorantependium ist ein feines Relief mit der Darstellung der Wiederaufersteheung Christi zu erkennen. Die Lisenen sind reich dekoriert und auf den beiden Medaglions des Altars sind die Heiligen Blasius und Thomas dargestellt. Die daneben liegende Kappelle ist der Erscheinung des Herrn gewidmet und wurde erst 1719 vom königlichen Juristen Gaetano Argento wiederentdeckt, der in einem in den 1730er Jahren von Francesco Pagano gestaltenen Grabmahl bestattet wurde. Links vom Eingang der Kappelle steht der Altar des Kruzifixes der del Balzo Familie mit dem Grabmahl der Lucrezia dal Balzo aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und dem Grabmahl des Fabio Caracciolo, Herzog von Martina, aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ein weiteres Grabmahl neben der Kappelle zeigt einen liegenden Krieger mit den Waffen der Familien Caracciolo und Orsini und einem Tympanon mit der Darstellung des Jesu Christi.

Giorgio Vasari – Die Kreuzigung
Die Kreuzigung des Vasari

Kurz vor dem Grabmahl am Hauptaltar der San Giovanni a Carbonara Kirche wurde das Bild der Kreuzigung des Vasari aufgehängt. Das ursprünglich in der neben der Kirche stehenden Seripando Kappelle hängende Bild war Teil einer Ausstattung von 18 Bildern des Giorgio Vasari. Einige Bilder sind leider verloren gegangen, während die weiteren erhaltenen Bilder heute in der Bildergallerie von Capodimonte hängen.

Der liegende Ladislao I. auf seinem Sarkophag
Das königliche Grabmahl von Ladislao I. von Neapel

Am Ende des Hauptschiffs steht das von seiner Schwester und königliche Nachfolgerin Johanna II. errichtete monumentale 14 Meter hohe Mausoleum des Ladislao I. von Neapel, Sohn des Karl III., König von Neapel von 1387 bis 1414. Das Monument wurde vom Grabmahl des Roberts des Weisen in der Basilika von Santa Chiara inspiriert und bis heute gibt es Kontroversen über die teilhabenden Künstler dieses Werkes. Die seitlichen Fresken mit einem Heiligen Johannes und einem Heiligen Augustin sind vom lombardischen Maler Leonardo da Besozzo aus dem 1420er oder 1430er Jahren. Das über einen recht langen Zeitraum gebaute Monument weist dabei einen Übergang von der späten Gothik in die Renaissance auf. Die Reiterskulptur des Königs Ladislao. I mit der Besonderheit ein rotes, blutiges Schwert zu tragen (eine Rarität innerhalb einer Kirche) hat einen gothischen norditalienischen Einfluss (vielleicht aus der Gegend von Verona und der Lombardei), während die vier Tugenden (Mässigung, Festung, Klugheit,Grossmut) bereits einen starken Einfluss der Renaissance-Kunst aufzeigen. Auf dem zweiten Level des Grabmahls sehen wir die beiden Figuren der Johanna II. und des Ladislao. Neben dem König sind die Tugenden des Militärs und der Hoffnung dargestellt während neben der Königin und die Tugenden der Karitas und des Glaubens stehen. Auf dem dritten Level sehen wir den königlichen Sarkophag mit der Figur des liegenden Königs unter dem Segen eines Bischofs und zwei Diakonen. In den vier seitlichen Spitzbögen ist die Königsfamilie mit den Eltern Karl III und Margherita von Duraz dargestellt. Hier ist bis heute nicht klar, ob alleine Andrea di Firenze oder auch andere Künstler mitgewirkt haben. Einige Kunstkritiker sind davon überzeugt, das zwei weitere toskanische Künstler, einer der an die Kunst des Michelozzo und ein weiterer der an Niccolò Lamberti gebunden sei, an diesem Monument mitgearbeitet hätten. Unter dem königlichen Grabmahl ist der Zugang zur Caracciolo del Sole Kappelle, bitte hier aufpassen nicht auf die spätgothische Maiolika-Fliesen zu treten.

Detail des Grabmahls – Die Mässigung von Andrea da Firenze
Das linke Kirchenschiff der San Giovanni a Carbonara Kirche

Von der Caracciolo di Vico Kappelle aus kommend treffen wir auf den Altar der Madonne delle Grazie mit einer Skulptur einer Madonna mit Kind von Michelangelo Naccherino aus dem Jahr 1578. Die nächste Kappelle, die der Familie Recco gehörte und heute praktisch leer steht, war der grossen Krippe der Ulmer Pietro und Giovanni Alemanno gewidmet. Die 48 grossen Holzkrippenfiguren wurden 1484 fertiggestellt, wobei man die erhaltenen 14 heute im Museum der Karthause von San Martino im Stadtviertel Vomero bewundern darf.

Der Miroballo Altar vor dem Haupteingang – Lombardisch-Neapolitanische Renaissance
Der Miroballo Altar

Auf dem rechten Kirchenschiff auf der Höhe des Eingangsbereichs steht man direkt dem grossen Altar der wichtigen und königsnahen Miroballo Familie gegenüber. Die Struktur des Altars ist ein besonderes Beispiel der Renaissance der lombardischen Schule, die von dem Mailander Jacopo della Pila und den aus Como stammenden Tommaso und seinem Sohn Giovan Tommaso Malvito errichtet wurde. Auf dem Basrelief des maestösen Monuments ist Christus in seinem Grabmahl zwischen der Jungfrau, Johannes und zwei Engeln dargestellt. In der Mitte des Altars steht die Skulptur des Apostels Johannes von Giovanni da Nola zwischen zwei Skulpturen der Mässigung und der Tapferkeit. Im Innenbereich des Bogens stehen zwei weiteren Skulpturen, die die Tugenden der Gerechtigkeit (links) und der Klugheit (rechts) darstellen. Im Tympanon sehen wir eine Abbildung der Jungfrau mit Kind zwischen Johannes dem Täufer und dem Apostel Johannes, die die Gründer der Kappelle, Troiano und Maddalena Miroballo, in kniiender Position vorstellen. Die Hauptpfeiler stützen auf zwei Löwen und werden durch einen Rahmen in zwei Bereiche aufgeteilt. Im unteren Bereich wurden die Skulpturen vom Heiligen Gregorius (links) und dem Heiligen Augustin (rechts) eingesetzt. Auf der höheren Ebene sehen wir in den beiden Nischen die Skulpturen des Heiligen Hieronymus (links) und des Heiligen Ambrosius (rechts). Auf der rechten Aussenwand des Altars wurden zwei weitere Nischen mit den Skulpturen der Heiligen Monika (unten) und dem Heiligen Antonius (oben). Auf der anderen Aussenseite des Altars ist die Grabplatte des 1693 gestorbenen Antonio Miroballo mit der Darstellung seiner Büste vom neapolitanischen Künstler Lorenzo Vaccaro. Auf der Krone des Altars ist die Darstellung des Segenden Christus in einer Ghirlande von tragenden Engeln und der Darstellung des Heiligen Petrus und Paulus und der Skulptur des Erzengel Michel über der Krone.

Details des Heiligen Augustin und der Heiligen Monica im Miroballo Altar
Auf dem Weg zur di Somma-Kappelle

Dem Miroballo-Altar folgend sehen wir Fresken mit Geschichten des Heiligen Nikolas aus Tolentino eines aus Kampanien stammenden Künstlers aus der ersten Hälfte de 15. Jahrhunderts. Heute wurde hier auch die ursprunglich in der Nische des Eingangsbereichs stehende Skulptur der Madonna mit Kind ausgestellt. Der Zugang zur di Somma-Kappelle wurde zwischen zwei weiteren Kappellen eingerichtet. Die rechte Kappelle ist von der Familie Giraldi aus dem Jahr 1601 und wurde vom römischen Künstler Ludovico Righi mit Hilfe des aus Carrara stammenden Felice de Felice eingerichtet und enthält in der zentralen Nische eine Madonna mit Kind des Michelangelo Naccherino, die starke Einflüsse des Pietro Bernini aufzeigt. Auf der anderen Seite befindet sich der Altar der Reinigung des Tempels (Purificazione), der von Giulia Caracciolo einrichten wurden liess und die Skulptur ihres Ehemanns Biagio Marsicano von den neapolitanischen Künstlern Annibale Caccavello aus dem Jahr 1567 und eine Darstellung der Opferung Jesu im Tempel in der oberen Nische enthält.

Die eigentlich in der Nische des Eingangbereichs stehende gothische Madonna mit Kind
Die di Somma Kappelle

Die di Somma Kappelle ersetzt den ursprünglichen Zugang zur Kirche und wurde von den neapolitanischen Künstlern Annibale Caccavello und Giovan Domenico d’Auria zwischen 1557 und 1566 eingerichtet und durch zwölf korinthische Säulen in 12 Bereiche aufgeteilt. Die Freskendekoration der Kappelle stammt von Aniello Bifulco und Guglielmo Pepe da Tolo. In der Mitte der Kappelle sehen wir das Grabmahl mit Basreliefs unter dem liegenden Scipione di Somma, königlicher Berater des Karl V., wobei der obere Bereich der Dekoration des Sarkophags mit der Darstellung des Christi und des Ewigen Herrn und der Madonna Assunta von Caccavello und der untere Bereich mit den Aposteln von D’Auria gefertigt wurde. Hinter der liegenden Figur des Scipione ist noch ein Relief mit der Darstellung des Erlösers zu erkennen.

Details der Dekoration der di Somma Kappelle
Zum Ausgangsbereich

Die letzte Kappelle, direkt links vom Eingangsbereich gelegen, tragt den Namen der Schmerzensmutter (Vergine Addolorata) und wurde von Zanobia Revertera im 18. Jahrhundert restauriert und stellt damit den einzigen barocken Bereich der San Giovanni a Carbonara Kirche dar. Auf der rechten Seite liegt die Gründerin der Kappelle, während gegenüber ihr verstorbener Ehemann Francesco d’Eboli, Hauptgenereal unter Karl dem Borbonen, von ihr bestatten wurden liess. Vor dem Ausgang ist noch ein Fresko mit der Darstellung der Verkündigung aus der Mitte des 15. Jahrhunderts von Giovanni da Gaeta zu erkennen, das womöglich durch die Arbeiten im 18. Jahrhundert an der Nebenkappelle teilweise beschädigt wurde.

Erleben Sie mit mir oder einem meiner qualifizierten Kollegen die Stadt Neapel bei einer Führung. Gerne können Museen, Kirchen oder andere Besonderheiten individiduell ins Programm eingefügt werden.

Weitere Informationen zu den Monumenten der Stadt Neapel finden Sie auch in der Kategorie in meinem Blog.