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Neapel und Kampanien in der Literatur

Walter Benjamin über die Berichterstattung des lebendigen Neapel

…wenn ein Fundus von Erlebtem und Wissen die Bedingung aller Reisebeschreibungen ist, wo fände sie in Europa einen Gegenstand wie Neapel, das allstündlich den Reisenden so gut wie den Einheimischen zu Zeugen macht, wie uralter Aberglaube und allerneuster Schwindel sich zu zweckmäßigen Prozeduren vereinen, deren Nutzniesser oder Opfer er ist. Wie unvergleichlich durchdringen sie sich in den Festen, die diese Stadt verzehnfacht besitzt, weil jedes Quartier seinen eigenen Heiligen feiert, an dessen Namenstage es die anderen Quartiere zu Gaste lädt. Wie leicht ließe in der Darstellung dieser Feste eine stichhaltige, bereichernde Kenntnis von den Lokalitäten und Sitten der Stadt sich einbringen – ein Aspekt der Reisebeschreibung, auf den die deutschen Leser, kaum fünfzig Jahre nach Gregorovius und Hehn, schon gänzlich zu verzichten haben lernen müssen…

Antonio de Curtis – neapolitanischer Komiker aus dem Viertel Sanità nahm seinen Humor aus dem Alltag der Stadt

Wenn der Tag gekommen ist und die Menge Stunde um Stunde unter innigen Gebeten im Dom und im Vorhof des Wunders harrend auf den Knien liegt, dann haben die unter den Neapolitanern, deren Stammbaum auf die Familie des Heiligen zurückführt, das Recht, seiner säumigen Neigung für den Schutzbefohlenen mit lautem Schimpfen, herrischen Flüchen so lange nachzuhelfen, bis ein winkendes Taschentuch vom Altar her verkündet, das Wunder sei eingetreten, das Blut flüssig geworden. Warum hören wir nichts…von Piedigrotta, dem orgiastischen Lärmkult der Nacht vom 8. September und den gewaltigen Festgelagen, zu denen die Neapolitaner, wie die Nordländer in die Lebensversicherung, allwöchentlich bei ihrem Krämer mit einigen Soldi sich einkaufen, um, wenn die Zeit gekommen, über jedes Maß und Vermögen schlemmen zu können. Den traditionellen Beschluß dieser Mahlzeit macht ein Fläschen Rizinusöl. Und das heidnische Lärmen der Piedigrottanacht setzt sich in den alltäglichen Festen fort, die der Neapolitaner mit der Technik begehrt. Wenn er dem Ziel seiner Wünsche sich nähert, ein Motorrad erwerben zu können, probiert er gewissenhaft alle erreichbaren durch, um das geräuschvollste zu behalten. Nie werde ich die Eröffnung der Untergrundbahn vergessen, die tagelang nicht zu benutzten war, weil alle Schalter von der Straßenjugend belagert waren, die den dröhnend einfahrenden Zug dröhnender überschrie und die Tunnel während der Fahrt mit einem zerreissenden Heulen erfüllte. Und noch die “Landpartie”, die Fahrt in Autokarawanen nach St. Elmo oder den Vomero herauf, muß in Staub und Getöse gebadet sein, um die rechte Freude zu machen.

Walter Benjamin, um 1928

Walter Benjamin war ein deutscher Kunstkritiker und Philosoph der Frankfurter Schule. Im Jahr 1924 und 1925 verbringt er im Alter von 32 Jahren zusammen mit Theodor Adorno, Siegfried Kracauer und Alfred Sohn-Rethel mehrere Monate am Golf von Neapel. Der Golf von Neapel und die Amalfiküste waren in jenen Jahren ein beliebtes Reiseziel besonders von deutschen, englischen und russischen Philosophen und Künstlern, die hier Inspiration und Ruhe suchten.

Ein interessanter Text von Benjamin aus seinem Aufenthalt in Neapel um 1928, in dem er die Reisebeschreibungen aus Deutschland kritisiert. Die Zeiten haben sich sicherlich verändert und heute gibt es ausführliche Reiseberichte im Fernsehen, tatsächlich haben die Reisebeschreibungen Neapels allerdings auch nach diesem Text lange Zeit nicht selten ein allzu negatives Bild der Stadt abgegeben. Neapel hat sich seit 1928 sicher stark verändert, dennoch kann man im heutigen Neapel noch einige Ähnlichkeiten erkennen, wie sie damals von Walter Benjamin beschrieben werden. Ein gewisser Vorzug zum Lärm und zum Risiko, aber auch gleichzeitig zum Leben und trotz einiger Probleme jener Zeit doch liebenswürdig und voll an Erlebnissen. Ich könnte mir vorstellen, das auch Walter Benjamin den beschrieben Schwindel, Aberglauben und Lärm der Stadt akzeptierte konnte und ihm die neuen Erlebnisse doch wichtiger waren; denn sonst wäre ihm ein verstärkter oder veränderter Bezug der deutschen Schriftsteller zu Neapel wahrscheinlich nicht so wichtig.

Weitere Berichte und Zitate über Neapel und die Region, auch von Walter Benjamin, findet ihr in meinem Blog.

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Gastronomie in Kampanien

Das Rezept der Pastiera, der traditionelle neapolitanische Osterkuchen

Die Pastiera ist der klassische neapolitanische Osterkuchen, der wegen seiner Beliebtheit mittlerweile das ganze Jahr über in den Konditoreien Neapels zu finden ist. Das Geheimnis für das Rezept der Pastiera Geheimnis besteht wahrscheinlich in der Verwendung von Weizen und der Ricotta, die nicht selten in der Gastronomie Kampaniens verwendet wird um den Speisen eine besondere Weiche und Frische zu geben. Ein wichtiges Merkmal des Geschmacks einer echten Pastiera ist das Gefühl einer ausgeglichenen Süße, die diesem traditionellen Kuchen eine gewisse Modernität und Zeitloses gibt. Das beschriebene Rezept der Pastiera folgt der Tradition, wobei auch diese je nach Geschmack leicht varrieren können.

Der traditionelle Osterkuchen Neapels: die Pastiera

Die Zutaten für das Rezept der Pastiera

Für den Mürbeteig:

3 Eier

500 Gramm Mehl

200 Gramm Zucker

200 Gramm Schmalz

Die Füllung:

700 Gramm Ziegenricotta

600 Gramm Zucker

400 Gramm gekochten Weizen

80 Gramm kandierte Zedern

80 Gramm kandierte Orangen

50 Gramm kandierter Kürbis oder andere kandierte Früchte

Ein wenig Zimt

100 Gramm Milch

30 Gramm Butter oder Schmalz

7 Eier

1 Packung Vanillinzucker

1 Löffel Orangenblütenwasser

1 Zitrone

Die Zubereitung:

Besorgen Sie sich zuerst Weizenkörner, die Sie in einer Schüßel drei Tage lang ruhen lassen. Wechseln Sie morgens und abends das Wasser bis der Weizen komplett greinigt ist. Der Weichweizen ist empfehlenswert, es kann aber auch Hartzweizen benutzt werden. Bringen Sie die 500 Gramm Weizen in etwa 5 Liter Wasser auf hoher Flamme zum Kochen und lassen Sie den Weizen auf mittlerer Flamme etwa 90 Minuten lang kochen ohne ihn umrühren zu müssen. Falls Sie in in die Umgebung von Neapel fahren sollten, können Sie den bereits gekochten Weizen in Spezialitätenläden oder Supermärkten schon fertig im Glas kaufen falls Sie sich unsicher fühlen sollten oder auch um Zeit zu sparen.

Bereiten Sie den Mürbeteig vor, indem Sie die Teigzutaten vermischen und lassen Sie den Teig ruhen. Füllen Sie einen Topf mit dem gekochten Weizen, der Milch, der Butter, der abgeriebenen Schale einer halben Zitrone und lassen sie den Kompost etwa 10 Minuten kochen bis er cremig wird.

Mixen Sie separat die Ricotta (in diesem Fall eine Sorte italienischen Ziegenquarks) mit dem Zucker, 5 ganzen Eiern und 2 Eigelben, dem Vanillinzucker, einen Löffel Orangenblütenwasser und ein wenig Zimt. Verarbeiten Sie den Teig so lange er ausreichend weich wird. Geben Sie der Füllung nun ein wenig frisch geriebene Zitronenschale und die klein geschnittenen kandierten Früchte hinzu und vermischen Sie die Füllung mit dem gekochten Weizen.

Nehmen Sie den Mürbeteig und rollen Sie ihn mit dem Nudelholz in etwa einem halben Zentimeter Höhe auf eine eingebutterte Backform mit etwa 30 cm Durchmesser. Schneiden Sie den überflüßigen Teig ab und schneiden Sie ihn in dünne Streifen. Geben Sie den Füllung gleichmäßig in die Backform und dekorieren Sie die Oberfläche mit den Teigstreifen, die anschließend mit einem geschlagenen Eigelb bepinselt wird. Backen Sie die Pastiera etwa eine halbe Stunde in einem vorgeheizten Backofen bei 180 Grad. Die Pastiera sollte eine Bernsteinfarbe haben sobald sie fertig ist.

Weitere Infos findet Ihr in meinem Blog zur Gastronomie in Kampanien

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Neapel und Kampanien in der Literatur

Goethe über die Vorurteile und die vielen Müßiggänger in Neapel

Der gute und brauchbare Volkmann nötigt mich, von Zeit zu Zeit von seiner Meinung abzugehen. Er spricht z.B., daß dreißig- bis vierzigtausend Müßiggänger in Neapel zu finden wären, und wer spricht’s ihm nicht nach! Ich vermutete zwar sehr bald nach einiger erlangter Kenntnis des südlichen Zustandes, daß dies wohl eine nordische Ansicht sein möchte, wo man jeden für einen Müßiggänger hält, der sich nicht den ganzen Tag ängstlich abmüht. Ich wendete deshalb vorzügliche Aufmerksamkeit auf das Volk, es mochte sich bewegen oder in Ruhe verharren, und konnte zwar sehr viel übelgekleidete Menschen bemerken, aber keine unbeschäftigten.

Ich fragte deswegen einige Freunde nach den unzähligen Müßiggängern, welche ich doch auch wollte kennenlernen; sie konnten mir aber solche ebensowenig zeigen, und so ging ich, weil die Untersuchung mit Betrachtung der Stadt genau zusammenhing, selbst auf die Jagd aus.

Strassenmusikanten am Werk in der lebendigen Altstadt von Neapel

Ich fing an, mich in dem ungeheuren Gewirre mit den verschiedenen Figuren bekannt zu machen, sie nach ihrer Gestalt, Kleidung, Betragen, Beschäftigung zu beurteilen und zu klassifizieren. Ich fand diese Operation hier leichter als irgendwo, weil der Mensch sich hier mehr selbst gelassen ist und sich seinem Stande auch äußerlich gemäß bezeigt. Ich fing meine Beobachtung bei früher Tageszeit an, und alle die Menschen, die ich hie und da stillstehen oder ruhen fand, waren Leute, deren Beruf es in dem Augenblick mit sich brachte.

Die Lastträger, die an verschiedenen Plätzen ihre privilegierten Stände haben und nur erwarten, bis sich jemand ihrer bedienen will; die Kalessaren, ihre Knechte und Jungen, die bei den einspännigen Kaleschen auf den großen Plätzen stehen, ihre Pferde besorgen und einem jeden, der sie verlangt, zu Diensten sind; Schiffer, die auf dem Molo ihre Pfeife rauchen; Fischer, die an der Sonne liegen, weil vielleicht ein ungünstiger Wind weht, der ihnen auf das Meer auszufahren verbietet. Ich sah auch wohl noch manche hin und wieder gehen, doch trug meist ein jeder ein Zeichen seiner Tätigkeiten mit sich. Von Bettlern war keiner zu bemerken als ganz alte, völlig unfähige und krüppelhafte Menschen. Je mehr ich mich umsah, je genauer ich beobachtete, desto weniger konnt’ich, weder von den geringen noch von der mittleren Klasse, weder am Morgen noch den größten Teil des Tages, ja, von keinem Alter und Geschlecht, eigentliche Müßiggänger finden.

Johann Wolfgang von Goethe, den 28. Mai 1787

Goethe war einer der größten Schriftsteller und Dichter der Geschichte Deutschlands und ist auch international anerkannt. Goethe reist im Alter von 37 Jahren im Jahr 1786 über etwa 2 Jahre bis 1788 das erste Mal nach Italien. Ein interessanter Bericht von Goethe über die Vorurteile, Geschäftstätigkeiten und den Müßiggang in Neapel zum Ende des 18. Jahrhunderts im borbonischen Neapel. Ein Vergleich zum heutigen Neapel ist sicherlich schwierig, da sich die Stadt und die Ausgangslage sicher verändert hat, auch wenn bis heute ähnliche Vorurteile vorherrschen. Vielleicht kann ein Vergleich zur kulturellen Verankerung im Umgang mit der Arbeit der Stadt Neapel in der Zeit Goethes mit dem heutigen Neapel oder deutschen Großstädten verglichen werden, in diesem Fall sollte man es aber auch heute, trotz der momentanen hohen Arbeitslosigkeit in der Stadt und der gesamten Region Kampaniens, versuchen es wie Goethe es damals gemacht hat: mit einem sympathischen und offenen Blick, der Vorurteile aus einer anderen Perspektive beobachten möchte!

Weitere Berichte und Zitate über Neapel und die Region findet ihr in meinem Blog.

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Gastronomie in Kampanien

Die Orangen aus Sorrent

Die Landschaft der sorrentiner Halbinsel wird sicherlich von den Agrumenbäumen am stärksten charakterisiert. Sie wurden schon auf pompejianischen Fresken dargestellt, was beweist, daß sie in dieser Gegend schon im 1. Jahrhundert nach Christus verbreitet waren. Einige Wissenschaftler sind allerdings der Meinung, daß es sich in jener Zeit um ziemlich seltene Exemplare handelte. Erst um das Jahr 1200 stößt man auf klare literarische Hinweise, die den renommierten Anbau von Orangenfrüchten auf diesem Gebiet belegen. In jener Zeit waren die Orangen aus Sorrent bereits eine wichtige Einkommensquelle für die lokalen Einwohner und die Absatzmärkte waren die italienischen und europäischen Handelshäfen.

Im Dialekt Portualle genannt

Unter den Agrumen waren anfangs die Orangenbäume am weitesten verbreitet, während heute die sorrentiner Zitronen das Landschaftbild der sorrentiner Halbinsel stärker prägen. Bis 1600 scheint es, daß nur die bitteren Orangen, Citrus vulgaris, bekannt waren, während die süße Variante, die sogenannte Biondo di Sorrento oder Arancia di Sorrento, die aus zwei Biotypen bestehen soll: dem biondo sorrentino und dem biondo equense, die zu unterschiedlichen Zeiten geerntet werden – erst später von den Portugiesen eingeführt worden ist. Davon soll auch der Dialektausdruck Portualle abstammen, mit dem sie im neapolitanischen Dialekt bezeichnet werden.

Späte Ernte und Charakteristiken

Trotz der ziemlich dicken Schale und der vielen Kerne, was den Markttendenzen nicht unbedingt entspricht, hat diese Sorte andere Charakteristiken, die von wahren Kennern geschätzt werden wie die Stückgröße, die Saftigkeit und der Geschmack des Fruchtfleisches, aber auch der ganz besondere Duft, den ihre Schale abgibt. So wie bei den Zitronenplantagen werden auch die Orangen aus Sorrent durch ein Kastanienholzgerüst mit Netzen vom Wind, der Kälte und einer übermäßigen Hitze geschützt und kommen dadurch erst ab Mai bis Anfang August auf den Markt, also wenn die anderen italienischen Orangen bereits nicht mehr aufzufinden sind.

Eine gesune Orange für den Sommer

Die Orangen aus Sorrent sind mit 34 Kalorien pro 100 Gramm Saft kalorienarm und haben einen hohen Vitamin C Gehalt. Sie stärken das Immunsystem, bekämpfen Müdigkeit und sind reich an Mineralsalzen wie Calcium, Brom, Magnesium, Phosphor, Zink, Kupfer, Eisen und Schwefel. Mit der Einweichung der Orangen aus Sorrent wird auch ein sehr beliebter lokaler Orangensyrup hergestellt, der intensiv und aromatisch duftet und als eine der traditionellen Spezialitäten der Region Kampanien gilt.

Weitere Infos findet Ihr in meinem Blog zur Gastronomie in Kampanien

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Neapel und Kampanien in der Literatur

Ramon Gomez de la Serna, das Neapel zwischen Ewigkeit und Tod

In diesem gleichmütigen Leben ohne Morgen, das der kleinen Zeit keinerlei Wichtigkeit beimisst, lag – welche Lappalie für klägliche Blicke – das Besondere dieses in Spinnweben gehüllten Neapel, das keine Grenzen kennt. Die große Seele der Stadt wanderte von einer fernliegenden Zeit der Vergangenheit nach einer anderen, fern in der Zukunft liegenden; alles Kurzbemessene erschien ihr banal und erbärmlich. Es war schön, die ganze Leichtgläubigkeit einer Vorzeit zwischen den Fetzen der Wirklichkeit aufzuspüren. Inmitten der Asche die schwelende Glut allerältester Zeiten. In jener tremendistischen Stimmung lag das Tragische der Stadt; denn alle hätten eine Stadt, deren Fortbestehen gesichert war, für die augenblicklich Lebenden bauen wollen, mit anderen Worten, alle wollten länger leben, an den Punkt kommen, wo sie selbst das, was von ihnen kam, auskosten konnten. Wenn irgendeine Bitternis unter den Erhebungen dieser Stadt lag, so war es das Gefühl, nicht noch länger leben zu können. Man begriff dort, wie kurz das Leben doch war.

Ein Symbol von Neapel: Der Flussgott Nil in der Altstadt

Solch eine unnachgiebige Verwurzelung, wie sie den unsterblichen Städten des Kosmos eigen ist, ließ Lorenzo über all die Tage, die man wie einen einzigen, ewigen Tag durchlebt, hinaussehen. Auf ihm bewegt sich der unerschöpfliche Vorrat an Maccheroni, endlos, wie aus Feldküchen eines Heeres kommend – Nahrung, die Kanonen ähnelt, wie aus unterirdischen Öfen, riesige Behälter von unbegreiflich dehnbaren Maccheroni.

Lorenzo spürte in diesem Neapel eine so wunderbare Kraft, daß man sich wie in der Zeit der Cholera fühlte, nur ohne Cholera. Die antiken Seuchen verliehen dem Leben mehr Leben, mehr Gültigkeit. Man vernimmt den uralten Peitschenhieb, der das Leben auskosten und stärker fühlen läßt. Die Tage Neapels atmen eine dunkle Drohung. Gleichgültigkeit vortäuschend, ist sich dennoch jeder ihrer bewußt. Daher fühlt man Ströme von Mitleid und Klagen durch die Straßen fluten…

Dieses Volk war von solcher Echtheit, daß es stets der Katastrophe entgegensah; das Meer, das Erdbeben, die dichte Wolke, die Cholera, an keinem anderen Ort finden die Stätten der Toten ähnliche Vorbereitung. Daher zündet jeder sein Licht vor dem Heiligenbild an; sie wollen bereit sein.

Ramon Gomez de la Serna, 1927

Ramón Gómez de la Serna (geb. 1888 in Madrid; gest. 1963 in Buenos Aires) war ein spanischer Schriftsteller. Große Bekanntheit erreichte der von ihm gegründete literarische Stammtisch im Café Pombo in Madrid. Bis 1931, das Jahr in dem er nach Buenos Aires zieht, lebt de la Serna in Madrid mit häufigen Ausfenthalten in der Schweiz, Neapel, Florenz, London, Lissabon und Paris. Nach seinem Tod im Jahr 1963 in Buenos Aires wird sein Leichnam nach Madrid überführt und im Panteón de Hombres Ilustres beigesetzt.

Ramón Gómez de la Serna beschreibt ein Lebensgefühl der Stadt Neapel, das subjektiv ist, in Neapel aber nicht selten auch von sensiblen Schriftstellern in esoterischen Formen beschrieben wurde. Nicht selten wird der Stadt Neapel eine schwierige aber besondere Atmosphäre zugesprochen, vielleicht auch durch die Größe des historischen Teils der Stadt oder den großen Differenzen innerhalb Neapels bevorzugt, die einen gewissen Teil der Besucher immer wieder überrascht und fasziniert. Ein besonderer Hinweis von Ramón Gómez de la Serna gebührt somit auch, neben dem Gefühl der Ewigkeit und der Vergänglichkeit, dem Bezug der neapolitanischen Bevölkerung zum Tod, der auch heute noch an den vielen Hausaltaren mit Bildern an und in den neapolitanischen Palazzi oder besonderen Kultstätten wie dem Fontanelle-Friedhof nachzuempfinden ist.

Weitere Berichte und Zitate über Neapel und die Region findet ihr in meinem Blog.