Der Averner See ist ein Kratersee eines erloschenen Vulkans der Phlegräischen Felder und ganz im Gegensatz zur Antike heute eine entspannende Naturoase. Die starken Schwefeldämpfe machten das Gebiet für die Tiere nicht lebensgerecht, woher auch der Name Averno aus dem griechischen Aornòs stammt, was übersetzt Ortschaft ohne Vögel bedeutet. Intensive und übelriechende Dämpfe stiegen aus dem Ufer aus und die Hügel waren wohl von einem dunklen und dichten Wald bewachsen. Ausserdem galt der See als unendlich tief, wobei wir heute wissen das er trotz seiner kleinen Grösse tatsächlich auf etwa 35 Meter Tiefe kommt.

Das mythische Tor zur Unterwelt
Die unruhige und mysteriöse Natur sowie die ständigen Beben am Averner See gaben ihm den Ruf der Zugang des Hades, dem Reich der Toten, zu sein. Hier traf Odysseus auf den Seher Teiresias, Äneas seinen verstorbenen Vater Anchises und Orpheus versucht Pluto mit seiner Musik zu verführen um seine verstorbene Geliebte Euridike zurückzuholen. In noch antikerer Zeit soll sich im Gebiet der Phlegräischen Felder der Kampf zwischen Zeus und den Titanen abgespielt haben. Pilger suchten den Averner See zeitweise auf, um das Orakel der Persephone nach der Vollbringung eines Blutopfers befragen zu können. Auch Hannibal kam hierher um das Orakel zu befragen, wobei seine wahre Absicht wohl eigentlich der Angriff auf Puteoli (Pozzuoli) gewesen sein soll.

Der römische Militärhafen und die Grotten des Cocceius
In der römischen Zeit Kampaniens unter Augustus wird der Averner See und das Gebiet der Phlegräischen Felder zu einem strategischen Militärstützpunkte des Imperiums. Unter Markus Agrippa wird um 37 v. Chr. am Lucriner und Averner See ein Hafen mit dem Namen Portus Iulius errichtet, der Imperator Augustus gewidmet wurde. Die Anlegestellen der beiden Seen (Lucriner und Averner Seen) wurden durch ein Kanalsystem miteinander und dem Meer verbunden. Nach der Anlegung des Portus Iulius wurden unter Architekt Lucius Cocceius ein langer Tunnel ausgehöhlt, der es den Soldaten ermöglichte dem Hafen von Cumae aus schnell und unbeobachtet zu erreichen. Dieser war praktisch bis 1940 noch benutzbar und wurde erst während des zweiten Weltkriegs wegen struktureller Schäden gesperrt.

Der sogenannte Apollo Tempel
Wer entlang des Seeufers entlang spaziert wird schnell auf die antike Ruine des sogenannten Apollo Tempels aufmerksam, der in Wirklichkeit das Frigidarium eines antiken Thermalkomplexes gewesen war, der die heilenden Quellen am Hang des Averner Sees genutzt haben sollte. Die lokale Bevölkerung hat diese Ruine für einen Apollo-Tempel gehalten und ihn mit dem Kult des Orakels der Sybille in Verbindung gebracht. Es ist bis heute nicht klar, ob die aus dem 1. Jahrhundert nach Christus stammende Struktur zu einer öffentlichen Thermalanlage oder zu einer Privatanlage einer der reichen Villenbesitzer derAntike gehörte. Heute kann man den Innenbereich mit der grossen Halle mit Kuppel sehen, die dem Besucher von aussen oktagonal und von innen rund erscheint. Die Anlage war etwa 20 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von 38 Metern (nur 5 Meter weniger als das Pantheon in Rom), was den sogenannten Apollo Tempel damit zu einem der grössten bekannten Thermalgebäude der Welt macht. Wenn das Wasser besonders klar ist, kann man noch den wegen dem Bradysismus untergegangenen Pool sehen, der damals mit Marmor verkleidet und Skulpturen besetzt war.
Der Verlust der antiken Monumente
Der ständige Bradysismus der Phlegräischen Felder beeinträchtigte die Entwicklung der urbanistischen Strukturen und den Erhalt der Bauwerke aus der Antike. Bereits im 4. Jahrhundert verliert der Hafen von Pozzuoli stark an Bedeutung und erhebliche Teile der Bauwerke werden nach Rom gebracht um dort wiederverwendet zu werden. Ausserdem verändert der unerwartete vulkanische Ausbruch des Monte Nuovo im Jahr 1538 das Gebiet sehr stark, so das der Averner See vom Meer isoliert wird. Erst 1956 wurden durch Luftaufnahmen die aktiken römischen Strukturen wiedererkannt und die bereits in Legende verwandelte Geschichte wieder lebendig.

Die heutige Fauna
Heute gibt der Averner See einen ganz anderen Eindruck ab. Eine grosse Anzahl von Fröschen, Schildkröten und Süsswasserfischen wie Flussbärsche, Koboldkärpflinge. Fluss-Schleimfische, Gold- Und Karpfenfische leben im See, die Ufer und Kraterhügel sind mit Obst- und Weingärten, Steineichen, Weiden, Schilfrohr, Ginster, Strandkiefern und Espartogras bewachsen. Unter den Vögeln sind Lachmöwen, Kormorane, Eisvögel, Schwarzkopfmöwen, Silbermöwen und Blasshühner zu beobachten, unter dem Reptilien leben Bachennattern und Streifennattern in Seenähe. Der See ist heute zu einem beliebten Naherholungsgebiet zum spazieren oder joggen und auch zum Essen gehen geworden.
Weitere Informationen zu den Monumenten der Phlegräischen Felder finden Sie in auf meinem Blog.