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Monumente der Stadt Neapel

Die Katakomben des San Gennaro in Neapel

Die Katakomben des San Gennaro wurden im Jahr 2006 dem Publikum wieder eröffnet und können am Zugang neben der Basilika dell’Incoronata del Buon Consiglio an der Via Capodimonte besichtigt werden. Im Zentrum von Neapel unter dem Hang von Capodimonte innerhalb des Viertels Sanità konzentrieren sich mindestens 9 antike Bestattungsgebiete, die sich damals ausserhalb der antiken Stadtmauern befanden. Unter ihnen sind die Katakomben des San Gennaro die wichtigsten und bekanntesten der Stadt Neapels und die grössten des Süden Italiens. Die Katakomben des San Gennaro gelten als eines der beeindruckendes Beispiele des frühen christlichen Kults in Italien.

Bau auf zwei verschiedenen Leveln und der Ursprung

Die Katakomben des San Gennaro sind auf zwei nicht parallel gebauten Leveln errichtet worden, die als untere und obere Katakombe bezeichnet werden. Beide Etagen haben im Vergleich zu anderen Katakomben zum Beispiel den römischen überraschend weite Ausmassen. Einer der Gründe ist sicher der leicht zu verarbeitende und resistente gelbe Tuffstein der Stadt Neapel, in denen die Katakomben eingesetzt wurden. Die Gesamtausmassen der Katakomben des Gennaro betragen 5800 Qm mit etwa 3000 Bestattungen unter denen sich über 500 Nischengräber befinden. Der antikste Teil der Katakomben stammt aus dem 2. Jahrhundert nach Christus und befindet sich in der unteren Katakombe. Wahrscheinlich stammt dieser Bereich von einer frühzeitigen christlichen Familie der römischen Oberschicht, die später der christlichen Gemeinschaft der Stadt Neapel zur Verfügung gestellt wurde.

Die oberen Katakomben des San Gennaro, auch Basilica adiecta genannt

Die obere Katakombe

Die Besichtigung der Katakomben des San Gennaro beginnt in der oberen Katakombe, die sofort den Eindruck einer Stadt der Toten gibt: eine Reihe von Nischengräbern der wohlhabenden Christen, sowie Wand- und Bodengräber (formae) die in verschiedene Bereiche aufgeteilt wurden. Die Katakomben sind eine ausgehöhlte statt einer erbauten Architektur, die ihre Besucher sofort in eine besondere Atmosphäre mitreisst und durch viele Mosaike und dekorierte Wandfresken besticht. Die obere Katakombe besteht aus einem Bestattungsbereich des 3. Jahrhunderts nach Christus, in dem einige Malereien aus der heidnischen Zeit vor der Einrichtung dieser Katakombe (2. Jahrhundert nach Cristus), die ersten christlichen Malereien des Süden Italiens im pompejanischen Stil aus dem 3. Jahrhundert nach Christus bis hin zu Malereien im byzathinischen Stil aus der benedektinischen Zeit des 9. Jahrhunderts zu sehen sind.

Das Grab der Familie des Theotecnus

Unter den Nischengräbern gehört die Dekoration des Grabes der Familie des Theotecnus sicherlich zu den interessantesten. Auf einem Wandfresko aus dem 6. Jahrhundert des Arcosoliums sind die drei Angehörigen dieser wohlhabenden Familie dargestellt. In der Mitte ist die im Alter von 2 Jahren und 10 Monaten verstorbene Tochter Nonnosa, auf der rechten Seite der mit 65 Jahren verstorbene Vater Theotecnus und links die im Alter von 45 Jahren und in schwaren Trauerkleidern gekleidete verstorbene Mutter Ilaritas zu sehen, was darauf hinweisen sollte das Ilaritas als Witwe und somit zuletzt verstorben ist. Auffällig ist hier das die Dekoration auf drei Schichten gefertigt wurde, da bei jedem Todesfall die Dekoration erneuert werden musste. Die feine Kleidung und der getragene Schmuck, abgesehen von der Einrichtung dieser teuren Grabkammer und seiner Dekoration, weisen auf den Wohlstand dieser Familie hin. Später wurde ein Teil der Wand dieser Grabkammer eingerissen um dem Arcosolium des verstorbenen Proculus Platz zu machen. Die Darstellungen des Proculus und der Familie des Theotecnus weisen beide auf einen stilistisch nordafrikanischen Einfluss hin.

Die Dekoration des Grabmahls des Theotecnus

Die antikste Darstellung des San Gennaro

Ebenfalls in der oberen Katakombe ist auch die antikste Darstellung des San Gennaro auf einem Arcosloium aus dem 5. Jahrhundert zu sehen. Die Kunstform weist auch hier auf einen nordafrikanischen Einfluss hin, während der Heilige mit der Aufschrift “Santo Martyri Janario” identifiziert wird und zusammen mit einer Frau mit dem Namen Cominia sowie ihrer Tochter Nicaziola dargestellt wird.

Die Darstellung des San Gennaro aus dem 5. Jahrhundert

Weitere besondere Grabdekorationen

Faszinierend sind auch die Arcosolia aus dem 5. und 6. Jahrhundert, auf denen wahrscheinlich Diakoninnen neben der erzählenden Bitalia sowie der mit zwei offenen Evangelien (was nur den Bischöfen erlaubt war) neben den Heiligen Petrus und Paulus dargestellten Cerula auf raffinierten Fresken dargestellt sind. In einer weiteren Grabkammer sind zwei dekorierte gegenüberliegende Arcosolia aus dem 6. Jahrhundert mit dem Heiligen und Petrus und Heiligen Gennaro sowie dem Heiligen Paulus mit dem verstorbenen Lorenzo zu erkennen.

Die Basilika der Bischöfe

In der oberen Katakombe befindet sich im Bereich vor der Crypta der Bischöfe die sogenannte Basilika der Bischöfe, die ihren Ursprung zu Beginn des 6. Jahrhunderts haben soll. Anfangs war die Basilika der Bischöfe eine kleine Aula mit einem Altar auf der Höhe des Oratoriums des San Gennaro. Als der Zuspruch der Anhänger immer grösser wurde, musste auch die Basilika erweitert werden und das gesamte zentrale Ambulacrum integriert werden. Der neue Bereich auf 50 Meter Länge und 12 Meter Breite mit drei Gängen wurde Basilica adiecta oder Basilica maior genannt und wurde durch einen dreifachen Bogen in der Mitte und einer Nische mit einem Hakenkreuz als Zeichen der aufgehenden Sonne charakterisiert. In einer Nische ist auch das Symbol für Jesus Christus auf griechisch (IC XC) und das griechische Wort NIKA (Jesus Christus siegt) zu erkennen. Diese Basilika konserviert Malereien vom 4. bis ins 6. Jahrhundert und im Gewölbe sind auf ovalen Schildern die Büsten der ersten Bischöfe Neapels dargestellt.

Die Basilika der Bischöfe mit verschiedenen offenen Grabstellen

Die Crypta der Bischöfe

Die Crypta der Bischöfe liegt auf der westlichen Seite der Basilika und beinhaltete die Reste von 14 neapolitanischen Prälaten des 5. und 6. Jahrhunderts nach Christus. In dieser weiten Grabkammer befinden sich auf zwei Leveln 10 Gräber und 8 Arcosolia, in denen einige Bischöfe durch Mosaike oder Wandfresken dargestellt wurden. Unter anderem lagen hier die neapolitanischen Bischöfe Giovanni I (der die Reliquien des San Gennaro in diese Katakomben brachte), Giovanni II und der vom Wandalen Jenserich vertriebene Bischof von Karthago Quodvultdeus (“das was Gott möchte”), der in seinem Grabmahl mit einer dunklen Hautfarbe und einem mit einem Kreuz und den 4 Evangelistensymbolen versehenen Codex dargestellt wird. Im 9. Jahrhundert bringt der Bischof Giovanni IV die Reliquien in die Basilika Stefania, die später in die heutige Kathedrale von Neapel umgewandelt wird.

Ein Blick in die Crypta der Bischöfe der Katakomben des San Gennaro

Die Erweiterungen der oberen Katakombe

Die Erweiterungen der oberen Katakombe beginnen ab dem 5. Jahrhundert nach Christus nachdem die Reliquien des San Gennaro hierher gebracht wurden und die Katakomben nach San Gennaro benannt wurden. Innerhalb kürzester Zeit werden die Katakomben des San Gennaro zu einem beliebten Pilgerziel und Bestattungsort. Der Bedarf nach neuen Grabkammern und Gängen steigt kontinuirlich um nah am beliebten Heiligen bestattet werden zu können.

Die Geschichte des San Gennaro

San Gennaro wurde um 272 n. Chr geboren und wird als Bischof von Benevent wegen seinem christlichen Glaube gefangen genommen und im Jahr 305 in Pozzuoli enthauptet. Seine Amme Eusebia sammelt sein Blut in drei Ampullen (dessen Verflüssigung bis heute in der Kathedrale von Neapel stattfindet) und bringt diese mitsamt seinen Kopf nach Neapel, während der Rest seines Körpers in der Gegend von Marciano bei Pozzuoli beigesetzt wird. Seine Reliquien werden zum Anfang des 5. Jahrhunderts durch Bischof Giovanni I in diese Katakomben gebracht, die seitdem seinen Namen tragen. Während einer Belagerung der Stadt Neapel raubt der longobardische Fürst von Benevent Sico I die Reliquien nach Benevent, wo sie bis zu der Verlagerung ins Kloster von Montevergine im Jahr 1156 bleiben werden. Erst 1497 kehren die Reliquien des Heiligen Dank des Erzbischofs Alessandro Carafa und dem Kardinal Oliviero nach Neapel zurück und in den Succorpo (Crypta) der Kathedrale von Neapel gebracht, die in dieser Gelegenheit durch Malvito erneuert wird und bis heute ein Meisterwerk der reifen Renaissance im Süden Italiens verbleibt. San Gennaro ist seit 472 Schutzpatron von Neapel und die Popularität stieg besonders nach seiner Hilfe bei der Pest-Epidemie im Jahr 1527 und dem heftigen subplinianischen Ausbruch des Vesuvs des Jahres 1631.

Das Grabmal des San Gennaro in der Crypta der Basilica adiecta

Das Grabmahl des San Gennaro

Das Grabmahl des San Gennaro konnte bei den Ausgrabungen im Jahr 1969 als Grabkammer unter der Basilika der Bischöfe Dank einer Homile des 8. Jahrhunderts und einer Stelle des Chronicon Episcoporum Neapolitanorum, der wichtigsten Geschichtsquelle der neapolitanischen Kirche aus dem 9. Jahrhundert, erkannt werden. Für das Grabmahl des San Gennaro wurde der Tuffstein unter der Basilika der Bischöfe ausgehölt und der Zugang zu seiner Grabkammer zugemauert. Das Grabmahl war von auf drei Schichten gemalten Wandfresken umgeben: die oberste Schicht aus dem 9. Jahrhundert zeigte San Gennaro mit seinen ermordeten Wegbestreitern Eutichete, Procolo, Sosso, Festo und Desiderio (diese Fresken sind heute in der unteren Katakombe ausgestellt), während auf der zweiten Schicht aus dem 6. Jahrhundert San Gennaro zwischen dem Vesuv und dem Monte Somma dargestellt wird,

Das obere Vestibül

Der Zyklus der frühchristlichen Malereien im Tonnengewölbe des oberen Vestibüls, praktisch der Übergang in die unteren Katakomben, stellen einen Übergang vom Heidentum in das Christentum und eine malerische Einleitung für die neuen möglichen Christen dar. Auf den Fresken des Gewölbes sieht man im pompejanischen Stil gemalte Granatäpfel, Amoretten neben Adam und Eva, David und Goliath, einen Christus Pantokrator und drei Frauen die im Fluss Steine Waschen um einen Turm zu bauen. Diese Darstellung ist ein seltenes Beispiel aus dem auf griechisch geschriebenen “Dritten Vision des Hirten des Hermas” aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Die drei Frauen symbolisieren die Tugenden der Glaubens, der Hoffnung und der Nächstenliebe, während die Steine für die Christen stehen, die mit ihrer Taufe die Kirche (der Turm) für die Gläubigen aufbauen.

Die Dekoration im pompejanischen Stil des Vestibüls

Die unteren Katakomben und die Basilika des Sant’Agrippino

Von hier aus kann man die unteren Katakomben erreichen, die um die Basilika des heiligen Agrippino errichtet wurden. Diese kleine Basilika wurde errichtet um die Reliquien des sechsten Bischofs und ersten Schutzpatron von Neapel zu beherbergen, die im 3. Jahrhundert nach Christus in die Katakomben gebracht wurden. Um die Basilika mit einem einzigen Kirchenschiff, einer erhöhten Absis und einer in den Tuff gemeisselten Kathedra zu schaffen wurden einige Bereiche des Friedhofs des 2. Jahrhunderts entfernt. Der Altar wurde teils in den Tuffstein gemeisselt und teils mit Backstein erbaut. Dabei wurde er mit einer Öffnung versehen, in der die Reliquien des Heiligen Agrippino eingesetzt wurden und von den Gläubigen angefasst werden konnten. Auf der südlich gelegenen Wand ist ein Wandfresko aus dem frühen Mittelalter erhalten geblieben, auf dem ein Bischof mit einem orientalischen Mönch zu erkennen ist. Heute werden hier zu besonderen Anlässen noch Messen gehalten.

Die Basilika des Heiligen Agrippino, erster Schutzpatron der Stadt Neapel

Die Ädikulae

Die unteren Katakomben wurden also um die kleine Basilika des Heiligen Agrippino mit 6 Meter hohen Decken und auf mit drei weiten Ambulacren errichtet. Das zentrale Ambulacrum war ursprünglich mit Fresken dekoriert, von denen leider nur wenige Überreste erhalten geblieben sind. Im Rücken der Absis ist die Darstellung einer Büste des Christus zu erkennen und einige dekorative Reste sind auch noch im Gewölbe des unteren Vestibüls zu sehen. Im frühen Mittelalter wurden ausserdem zwei Ädikulae eingesetzt, dessen Funktion bis heute ungewiss bleibt. In einer der beiden Ädikulae, auch die Ädikula der Jungfrauen genannt, wurde in den zentralen Pfeiler aus Tuffstein eingesetzt und im 11. Jahrhundert mit einem Wandfresko mit den 5 Heiligen Katherina, Agatha, Eugenia, Juliana und Margareta versehen.

Das Taufbecken

In den unteren Katakomben ist auch noch das von Bischof Paolo II gewollte Taufbecken aus dem Jahr 762 zu sehen. Paolo II fand in den Katakomben des San Gennaro während des Ikonoklasmus Zuflucht und verlegt seinen Bischofssitz hierher. Ursprünglich war das Taufbecken komplett mit Marmorplatten besetzt.

Das Taufbecken aus dem 8. Jahrhundert in den unteren Katakomben

Der langsame Verfall der Katakomben

Im 9. und 10. Jahrhundert werden in den Katakomben des San Gennaro noch einige der neapolitanischen Herzöge bestattet, unter ihnen Cesario Console (im Jahr 878), Stefano und Stefano III. Nachdem die Reliquien der Heiligen aus Sicherheitsgründen in die Stadt gebracht wurden, beginnt aber eine lange Phase des Verfalls. Im 17. Jahrhundert werden noch einige Adlige in den Katakomben des San Gennaro bestattet um daraufhin recht schnell wieder in Vergessenheit zu geraten. Einige europäische Reisende der Grand Tour des 18. Jahrhunderts berichten von einem Besuch der Katakomben des San Gennaro, was zeigt das die Erinnerung an diesen Ort bewahrt geblieben ist. Im zweiten Weltkrieg nutzt die Bevölkerung die Katakomben des San Gennaro als Zufluchtsort vor den Bombenangriffen, ähnlich wie bei den anderen Zugängen des unterirdischen Neapels.

Ein Bild aus dem Jahr 1887 mit zwei Besuchern und einem Begleiter

San Gennaro Extra Moenia

Die Besichtigung der Katakomben des San Gennaro endet in der Basilika des San Gennaro Extra Moenia. Diese frühchristliche Kirche aus dem 5. oder 6. Jahrhundert war die erste dem Schutzpatron von Neapel gewidmete Kirche. Später wird sich der Aspekt der Kirche wegen den Erneuerungen unter den Aragonesen im 15. Jahrhundert und der barocken Verkleidung aus dem 18. Jahrhundert stark verändern. In der faschistischen Zeit Italiens wurde die Kirche ihrer Dekoration entkleidet und in die Grundform der aragonesischen Struktur auf drei Schiffen zurückgebracht. Aus der frühchristlichen Zeit ist dabei noch die halbrunde Absis auf zwei korinthischen Säulen zu erkennen. Die Bögen und die Pfeiler der Kirche sind hingegen ein typisches Beispiel der unter den Aragonesen nach Neapel gebrachten katalanischen Architektur. Die Basilika wurde erst als Krankenhaus für die Pestkranken, dann als Pflegeheim für die Armen und schliesslich als Lager für das nebenan gelegene Krankenhaus San Gennaro dei Poveri genutzt. Seit der Wiedereröffnung im Jahr 2008 finden hier manchmal Events oder Ausstellungen statt.

Erleben Sie mit mir oder einem meiner qualifizierten Kollegen die Stadt Neapel bei einer Führung. Gerne können Museen, Kirchen oder andere Besonderheiten individiduell ins Programm eingefügt werden.

Weitere Informationen zu den Monumenten der Stadt Neapel finden Sie auch in der Kategorie in meinem Blog.

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Die Katakomben von San Gaudioso in Neapel

Die Katakomben von San Gaudioso sind nach den Katakomben von San Gennaro mit seinen 5600 Qm der zweitwichtigste frühchristliche Friedhof der Stadt Neapel. Ausser dem Heiligen Gaudioso liegen hier auch die Heiligen Agnello, Sossio und Nostriano begraben. Die Katakomben von San Gaudioso beinhalten auf zwei Etagen etwa 2000 Gräber und 500 Arcosolia (Nischengräber).

Die Geschichte des San Gaudioso

Im Jahr 439 n. Chr. wird der Bishof von Bythinien Settimius Celius Gaudiosus im prokonsularen Afrika von den Vandalen unter Geiserich ins Exil gezwungen. Zusammen mit anderen Geistlichen und Christen flüchtet Gaudiosus nach Neapel wo er seine christliche Mission bis zu seinem Tod im Jahr 452 fortführt. Der auf Marmor gemeisselte christliche Kalender von Neapel bestätigt seine Bestattung am 27. Oktober des Jahres 452 an den Hängen der Colli Aminei in der Nähe von weiteren Hypogäen und wichtigen christlichen Reliquien. Nach seiner Ankunft in Neapel soll San Gaudioso ein Kloster im oberen Teil der Altstadt Caponapoli gegründet haben, wo von ihm die Augustinusregel eingeführt wurde. Ausserdem soll er einige Reliquien der Heiligen Restituta von der Insel Ischia nach Neapel gebracht haben, die heute weiterhin in der in der Kathedrale von Neapel integrierten Basilika der Santa Restituta aufbewahrt werden. Der Kult des Gaudiosus bleibt wohl lange erhalten, denn 499 nach Christus wird der neapolitanische Bischof Nostrianus in seiner Katakombe bestattet.

Die Überschwemmung und die Wiederentdeckung

Im 9. Jahrhundert werden die Reliquien der Katakomben des San Gaudioso nach dem Raub der Reliquien des San Gennaro in seinen Katakomben durch die Langobarden aus Sicherheitsgründen innerhalb der Stadtmauern Neapel gebracht. Daraufhin werden die Katakomben von den Schlammlawinen bei starken Regenfällen überschwemmt, der sogenannten Lava dei Vergini, so das der Eingangsbereich nicht mehr zugänglich war und die Katakomben von San Gaudioso in Vergessenheit gerieten. Über den Katakomben wurde ein Bauernhof errichtet, bei dem die Crypta als Stall und Lager verwendet wurde. Erst zum Ende des 16. Jahrhunderts wird das frühchristliche Bild der Heiligen Maria della Sanità in den Katakomben wiederentdeckt und die Basilika der Santa Maria della Sanità von den Dominikanern errichtet.

Die Crypta der Basilika der Santa Maria della Sanità

Die Integration in die Basilika der Santa Maria della Sanità

Die damalige Struktur der Katakomben von San Gaudioso ist heute wegen den sukzessiven Veränderungen kaum nachvollziehbar. Nach dem Bau der Basilika der Santa Maria della Sanità wollen wie dominikanischen Ordensbrüder die Katakomben von San Gaudioso für ihre Verstorbenen wiederverwenden und verändern die Struktur des vorherigen Bestattungsortes. Der Zugang war durch die heutige Crypta, die ursprünglich das Haupt-Ambulacrum der Katakombe war und wahrscheinlich im 6. Jahrhundert in eine frühchristliche Kirche umgewandelt wurde. Der Endbereich des Zugangs in die Katakomben ist weiterhin hinter dem Altar der Heiligen Eugenia in der Crypta der Basilika zu erkennen. Die Grabkammern mit einem direkten Zugang zur Crypta wurden zugemauert und die Reliquien der Märtyrer aus den römischen Katakomben in den Altaren eingesetzt. Der Zugang in die Katakomben von San Gaudioso führte ursprünglich ausschliesslich in die Grabkammer des San Gaudioso und wird erst bei den folgenden Veränderungen zum Hauptzugang der Katakomben.

Die Grabkammer des San Gaudioso

Die Grabkammer des San Gaudioso enthält ein Arcosolium, die von der Dekoration der Crypta der Bischöfe der Katakomben von San Gennaro ähnelt. Die bis heute erhaltene Dekoration zeigt den Heiligen Gaudiosus mit einem Heiligenschein und Ornamenten auf bunten Mosaikstückchen und dunkelgrünem Hintergrund mit hellgrauen Blättern und Weintrauben. Der am besten konservierteste Teil ist die Aufschrift des Bogens mit 9-10 cm grossen Buschstaben, auf der die Bestattung des Bischofs Gaudioso erinnert wird. Leider ist der Teil mit der Kennzeichnung des damaligen Konsuls verloren gegangen, welcher mehr Aufschluss über das genaue Datum des Todes des Gaudioso ermöglicht hätte. Diese Grabkammer bleibt in der dominikanischen Zeit die bedeutendste, da sie im Gegensatz zu anderen praktisch nicht verändert wird. Aus der dominikanischen Zeit stammen die zwei Abbildungen der Heiligen Agnello und Gaudioso in päpstlichen Anzügen neben der Grabkammer des San Gaudioso.

Das Grabmahl des San Gaudioso

Das Grabmahl des Pascenzio

Links von der Grabkammer des Heiligen Gaudioso sind noch die erhaltenen Reste des Ambulacrums die die Basilika der Santa Maria della Sanità mit der Katakombe des San Gaudioso verbunden hatten und in denen sich 13 Grabkammern mit kleinen dekorativen Resten befinden. Eine der Grabkammern die sich am besten erhalten haben ist das Arcosolium des Pascenzio, auf denen der Heilige Petrus mit Paulus mit dem Verstorbenen in delikaten pastellähnlichen Farben dargestellt ist. Ein weiteres Arcosolium auf der linken Seite mit der Darstellung des juwelierten Kreuzes und zwei Lämmern, Symbolismus des des Kreuzes auf dem Golgotha mit zwei Aposteln, hat eine geringere artistische Qualität, die mit stärkeren Farbeffekten ausgeglichen werden wollen.

Die frühchristlichen Grabkammern auf der rechten Seite

Von der rechten Seite der Grabkammer des San Gaudioso können zwei weitere Grabkammern erreicht werden, von dem die erste von den Dominikanern für den Bau einer Passage im 17. Jahrhundert beschädigt wurde und die fälschlicherweise erst für das Grabmahl des Bischofs Nostrianus gehalten wurde. Von diesem Grabmahl ist noch ein juweliertes Kreuz und ein szenographisches Bild aus der orientalischen Tradition des 5. Jahrhunderts des Christus mit langem Bart, langen Haaren und einem Heiligenschein zu sehen. Bei einem genaueren Blick fällt einem auf der Höhe des Kinns und der Brust noch ein weiteres kleineres Bild eines Christus auf, das übermalt wurde und eine etwas ältere Darstellung sein müsste. Auf den vier Ecken der Bögen sind die vier Symbole der Evangelisten (Stier, Löwe, Adler und ein beflügelter Junge) abgebildet. Eine steile Treppe führt auf der entgegengesetzten Seite in die zweite Grabkammer. Die drei Arcosolia sind in diesem Fall erhalten geblieben und wurden mit einem weiteren Bild des Triumph des Kreuzes und einem sehr gelungenen Kelch mit einem Rand mit goldenen und einem Knoten mit grünen Mosaiksteinchen dekoriert.

Das Fresko des Christus aus dem 5. Jahrhundert

Die Grabkammer des Nostrianus und des ersten Maria Bildes Neapels

Am Ende des 25 Meter langem und drei Meter breitem Haupt-Ambulacrums ist ein Altar mit einem Christus aus Tufstein vom Ende des 17. Jahrhunderts zu sehen vor einem Fresko der Seelen im Fegefuer zu sehen. Auf der vom Altar aus links gelegenen Wand wurde das verehrte Bild der Maria mit Kind gefunden, die letztendlich zum Bau der Basilika der Santa Maria della Sanità geführt hat und heute in ihrer Crypta ausgestellt ist. Das Bild ist bis heute das älteste Bild der Jungfrau Maria der Stadt Neapel und stammt aus der Zeit zwischen dem Ende des 5. und Anfang des 6. Jahrhunderts. Hinter dem Bild der Maria wurde ein dekoriertes Arcosolium gefunden, das die Archäologen heute für das wahre Grabmahl des Bischofs Nostrianus halten. Neben dem Grabmahl ist auch eine Abbildung der Heiligen Katherina aus Siena des florentinischen Malers Giovanni Balducci zu sehen. Entlang der Seitenwände des Ambulacrums lagen die ursprünglich nicht miteinander verbundenen und fast alle dekorierten Grabkammern der Katakomben von San Gaudioso.

Die dominikanische Erweiterung des 17. Jahrhunderts

Neben den beschriebenen Überresten aus der frühchristlichen Antike integrieren die dominikanischen Erweiterungen des 17. Jahrhunderts die Besichtigung der Katakomben von San Gaudioso. Neben dem Haupt-Ambulacrum ist ein Raum mit den sogenannten Sitzplätzen (oder Abtropfsitzen) zu sehen, die in den Tufstein gemeisselt wurden um dort die verstorbenen dominikanischen Ordensbrüder austrocknen zu lassen bevor sie in ein gemeinsames Ossarium oder ein privates Grabmahl gesetzt wurden. Die Kosten des vielleicht aus Sizilien stammenden Kults der Austrocknung waren sehr hoch und konnte nur von den Reichen finanziert werden. Die Verstorbenen wurden 8 bis 12 Monate auf die Plätze gesetzt und von dem Bestatter periodisch durchlöchert um den Austrocknungsprozess zu beschleunigen. Bis heute ist dieser brauch in der neapolitanischen Sprache mit dem Ausdruck Schiattamuorto (der die Toten aufplatzen lässt) als Synonym für den Bestatter und dem Fluch “Puozze sculà” (das jemand auslaufen solle) noch verankert.

Die Abtropfsitze der Katakomben von San Gaudioso

Die eingesetzten Schädel mit bemaltem Körper

Ein weiterer dominikanischer Brauch war es die Schädel in die Tufsteinwand einzusetzen und durch ein Bild und einer Grabplatte den Verstorbenen darzustellen. Die Knochen wurden erst gereinigt und dann bis auf den Schädel in Sammel- oder Einzelgräber bestattet. Der Schädel, in dem der Gedanke des Verstorbenen konserviert wird, wird in die Wand gesetzt und schliesst von einem Skelett mit den Kleidern, Alltagsgegenständen oder manchmal auch einem Lebensmotto von dem florentinischen Maler Giovanni Balducci dekoriert. Die Damen sind alle mit breiten Kleidern dargstellt und befinden sich auf der linken Seite des Ambulakrums, während die Männer auf der rechten Seite bestattet wurden. Der Maler Giovanni Balducci selbst, der unter anderem im Dom von Florenz und Volterra sowie in den Uffizien gearbeitet hat, liegt in den Katakomben von San Gaudioso begraben und ist durch einen Pinsel und seinem Namen zu erkennen. Er soll auf sein Gehalt verzichtet haben, damit er hier begraben werden durfte. Die älteste Grabplatte stammt aus dem Jahr 1615 und die jünsgte aus dem Jahr 1635, da der von verschiedenen Orden angewandte Brauch die Verstorbenen austrocknen zu lassen im Jahr 1637 verboten wurde. Durch das Bild kann sowohl der soziale Status als auch die Identität des Verstorbenen abgelesen werden: Unter ihnen befinden sich der Magistrat Diego Longobardo, der Maler Giovanni Balducci und die adligen Damen Maria de Ponte und Donna Sveva Gesualdo.

Die Einsetzung der Schädel eines weiblichen Grabmahls

Der Wächter der Katakomben

Das einzige Skelett das innerhalb der Katakomben von San Gaudioso komplett in die Wand eingesetzt worden zu sein, ist das vom sogenannten Wächter der Katakomben. Seine Hände haben eine Sense in der Hand und stützen sich auf ein Gitter um die Seelen im Fegefeuer zu wahren und ihnen keine Flucht zu ermöglichen. In Wahrheit sind die Knochen nach Zufallsprinzip zusammengestellt worden und entsprechen nicht den Knochen einer einzelnen Person.

Der sogenannte Wächter der Katakomben

Erleben Sie mit mir oder einem meiner qualifizierten Kollegen die Stadt Neapel bei einer Führung. Gerne können Museen, Kirchen oder andere Besonderheiten individiduell ins Programm eingefügt werden.

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