Auf einigen Glasfläschen aus der Spätantike, die in Pozzuoli gekauft und zur Erinnerung mitgenommen wurden, ist die Stadt Pozzuoli vom Meer mit einer Auflistung der verschiedenen Monumente und dem Amphitheater Flavio zu erkennen. Dabei sind in Puteoli zwei Amphitheatren am Stadtrand zu erkennen, was zur Zeit Roms ein absolutes Privilieg war und es so nur in Pozzuoli gab.
Das erste Amphitheater “Minore”
Vom ersten und älteren, dem sogenannten Amphitheater “Minore”, ist der Erhalt leider durch den Schnitt der 1915 erbauten Eisenbahnstrecke Neapel-Rom leider stark beeinträchtigt worden. Es hatte Ausmassen von 139 mal 103 Metern, noch keinen unterirdischen Bereich und eine Kapazität von etwa 20000 Zuschauern. Von den auf einem natürlichen Hang errichteten Rängen sind heute noch einige Reste in der Via Vecchia delle Vigne zu erkennen. Der Bau fand wohl zwischen der späten repubblikanischer Zeit und zu Anfangs der augusteischen Zeit statt, es wurde in julisch-claudischer Zeit modernisiert und mit einem Portikus auf den höchsten Rängen bereichert. Von diesem Portikus ist noch ein dekorierter Rahmen im Lapidarium des Amphitheater Flavio von Pozzuoli aufbewahrt.
Der Bau des Amphitheater Flavio
Durch den Bevölkerungswachstum der Stadt und einen steigenden Beliebtheitsgrad der Spiele wurden die Beschwerden römischer Senatoren laut, als diese keine Plätze mehr für die Spektakel bekamen. Selbst eine Sonderregelung des Augustus zu Gunsten der Reichen löste dieses Problem nicht dauerhaft, so das ein zweites, grösseres und moderneres, Amphitheater errichtet wurde. Was die Datierung betrifft, haben wir neben den grossen Marmortafeln an den vier Haupteingängen einen klaren Hinweis das die flavische Kolonie Puteoli “pecunia sua” (aus eigener Tasche) den Bau finanziert hätte, auch einige Zeugnisse uber einen auch in Capua, Neapolis und Pompeji bekannten Ti Claudi Aug I. Potisci . Es ist daher wahrscheinlich das der Bau zum Ende der Zeit Neros und zum Anfang der flavischen Zeit angefangen wurde. Das Amphitheater Flavio stammt praktisch aus dem gleichen Zeitraum des bekannteren Kolosseums in Rom. Etwa ein Jahrhundert nach dem Bau erleidet der externe Portikus und der Portikus an den oberen Rängen Schäden, so dieser Bereichs während dem 2. Jahrhundert nach Christus restauriert wurde.
Die Struktur
Anders als beim ersten Amphitheater werden die Ränge des Amphitheaters Flavio komplett auf Baumaterial gestützt und basiert auf zwei grossen Basen aus Cementicium. Vom Strassenlevel der römischen Zeit konnte man das Amphitheater Flavio über eine leicht erhöhte Travertinplattenbühne erreichen. Nach dem Colosseum und dem kampanischen Amphitheater von Capua ist das Amphitheater Flavio mit seinen 147 mal 117 Metern die drittgrösste Arena Italiens und bat Platz für etwa 40000 Zuschauer. Die elyptische Form der Arena wurde von einem Portikus mit Bögen umrundet, die von Trachitpfeilern und Halbsäulen gestützt wurden. Wahrscheinlich wurde der Portikus sukzessiv aus statischen Gründen innen mit weiss-rot dekorierten Pfeilern aus Lateritium verstärkt. Von hier aus konnte man die Ränge der Arena durch 16 Eingangspunkte betreten, von denen 4 Haupteingänge entlang den wichtigsten Punkten an den Achsen darstellten.
Der interne Korridor
Zwei weitere kleine Treppengänge befinden sich an den Nord- und Südeingängen und führen zu einem hinter dem Balteus (die Schutzmauer zwischen der Arena und den Zuschauerrängen) verlaufenden Korridor, der sowohl mit der Arena als auch mit dem unterirdischen Bereich verbunden ist. Der unterirdische Bereich des Amphitheater Flavio gilt wegen seiner herausragenden Konservierung als eine der Besonderheiten im Vergleich zu anderen römischen Arenen. Entlang des Korridors ist auf der südlichen Seite der Rest eines Sacellums zu sehen, in dem möglicherweise Kulte ausgeübt wurden. Am Ende des äusseren Portikus sind einige Räume zu sehen, in denen Korporationen (scholae) wie scabillarii (ein antikes Musikinstrument) oder navicolarii (Schiffs- oder Bootsbesitzer) ihren Sitz hatten.
Die Fassade und Dachterrasse
Die externe Fassade des Amphitheater Flavio bestand aus zwei übereinander verlaufenden Arkaden, die von Pfeilern aus Lateritium und Trachitgestein gestützt wurden und in einer, heute leider nicht mehr konservierten, geschmückten Dachterrasse endeten. Von den Skulpturen der ehemaligen Terrasse haben sich die Skulpturen des Trajans und und seiner Schwester Marciana aus dem 2. Jahrhundert nach Christus recht gut konservieren können. Diese sind zusammen mit weiteren erhaltenen architektonischen Resten entlang des Ambulacrums und den offenen Räumen des Amphitheaters ausgestellt.
Die Sitzreihen
Vom internen Flur (dem Ambulacrum), die mit der die Ränge stützenden Peristasis verbunden war, führten insgesamt 20 Treppengänge bis in die höchsten Reihen (die summa cavea), die aus numerierte Sitzen auf 15 Sitzreihen bestand. Der mittlere Bereich (die media cavea) bestand aus 16 Sitzreihen und der exklusivste untere Bereich hinter dem angesprochenen Balteus aus nur 8 Sitzreihen. Bei einer Restauration in den Jahren 1983-84 wurden die noch erhaltene weisse Verkleidung der Ima Cavea ans Tageslicht gebracht, die heute durch eine protektive Schicht geschützt wird.
Die Arena
Die eigentliche Arena misst 72 mal 42 Meter und ist mit einigen viereckigen Falltüren ausgestattet, die mit dem unterirdischen Bereich verbunden waren. Durch die Falltüren wurden die Tiere in die Arena gehieft und sorgten für einen Überraschungseffekt beim Publikum. Die Mitte der Arena war mit einem beachtlichen 43 Meter langen Graben verbunden, der mit Holzplatten geschlossen wurde. Dieser wurde genutzt um schwere Materialien, Maschinen, Chore oder Bühnendekorationen für die Spektakel in der Arena des Amphitheater Flavio zu heben.
Der unterirdische Bereich
Der unterirdische Bereich des Amphitheater Flavio ist wegen des guten Erhalts besonders suggestiv. Hier findet der Besucher Dank den Klappen ein Licht- und Schattenspiel, das die vielen Säulen und Kapitelle des ehemaligen Portikus des oberen Bereichs beleuchtet. Eine Besonderheit war auch, den unteren Bereich durch Lichter in vergitterten Öffnungen im Boden zu beleuchten. Die ausgestellten Materialien wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den unterirdischen Bereich gebracht, der heute durch eine der beiden antiken mächtigen Rampen erreichbar ist und damals durch zwei grosse Gitter abgesperrt werden konnte. Eine beeindruckende Technik ermöglichte von hier aus das Hochhiefen der wilden Tiere, die aus den vielen erhaltenen Zellen entlang der Aussenwand des unteren Bereichs geholt wurden. Auf der Aussenwand sind noch die Steinregale zu sehen, auf denen der Holzboden gestützt wurde, auf den wiederum die Käfige geschoben wurden. Von hier aus konnte man die Käfige durch eine Umlenkrolle und Seile durch die Falltür hiefen und letztendlich aus dem Käfig locken um gegen andere Tiere oder Gladiatoren zu kämpfen.
Die Anbindung an das Aquädukt
Das Abwassersystem des Amphitheater Flavio war mit dem ausgusteischen Aquädukt des Serino verbunden und konnte den unterirdischen Bereich nach Bedarf spülen und von den Fäkalien der Tiere nach den Spektakeln säubern oder auch den Wasserbedarf der Tiere und Gladiatoren stillen. Es ist aber eher unwahrscheinlich das die Verbindung mit dem Aquädukt für die Organisation von Naumachie (Schiffschlachten) gedacht war, auch weil diese in diesem Gebiet wohl üblicherweise im Portus Julius am Averner See organisiert wurden.
Das Lapidarium
Leider hat sich von der reichen Dekoration des Amphitheater Flavio durch die Jahrhunderte des Raubes oder der Wiedererwendung kaum etwas konservieren können. Am Zugang zum Amphitheater sind im Lapidarium eine grosse Anzahl von Votivgaben und Resten von Grabmählern ausgestellt, die bei Ausgrabungen in verschiedenen Teilen der Phlegräischen Felder entdeckt wurden.
Die Kappelle des San Gennaro
Eine kleine Kappelle aus dem Jahr 1689 in einem der Räume des grossen Ambulacrums unter den Rängen ist heute in einem schlechten Zustand, erinnert aber an eine der bedeutendsten lokalen religiösen und volkstümlichen Traditionen: der Schutzpatron von Neapel San Gennaro, dessen Reliquien heute in der Kathedrale von Neapel aufbewahrt sind, sollte im Amphitheater Flavio zusammen mit anderen Kollegen ad bestias (den Bestien) zum Frass vorgeworfen werden. Nach dieser Legende schafft es der damalige Bischof von Benevent San Gennaro durch seine Heiligkeit die Löwen zu zähmen. Diese Szene wurde von Artemisia Gentileschi auf einem ihrer Bilder in der Kathedrale im Rione Terra von Pozzuoli dargestellt.
Weitere Informationen zu den Monumenten der Phlegräischen Felder finden Sie in auf meinem Blog.