Wenn die Sfogliatella eine bedeutende Stütze der umfangreichen neapolitanischen Bäckereitradition ist, so stellt für viele Neapolitaner der Babà die Perfektion dar.
Ein Delikatesse für alle
Der Babà prägt nämlich auch das Stadtbild Neapels, da er selten von den Familien zu Hause hergestellt wird. Die Herstellung dieser Süßspeise braucht genaue Kenntnisse, wie bei der Pizza, in Bezug auf die Außentemperatur und die Luftfeuchtigkeit in der Phase der Teigbereitung. Es ist eine symbolische Süßspeise, denn wie bei der Pizza braucht man weder Messer noch Gabel. Der Babà kann im Stehen gegessen werden und vereint, trotz der wohl königlichen Herkunft, Reiche mit Armen und Arbeiter mit Müßiggängern.
Königlicher Ursprung
Es handelt sich hierbei um einen Leckerbissen, der von Touverin, dem Chefbäcker von Luneville im Herzogtum Lothringen erfunden wurde, der in der Mitte des 18. Jahrhunderts am Hofe vom entthronten polnischen König und Schwager Ludwig XV. Stanislaus Leszczynski diente. Bis heute gibt es in Polen eine Süßspeise mit dem selben Namen (babka ponczowa), die allerdings mit dem neapolitanischen Babà nur noch wenige Gemeinsamkeiten hat..
Die Gesichichte und die Form
Gemäß der Legende – nicht sehr glaubhaft, da die Bezeichnung auch in Frankreich benutzt wird, um eine dem Savarin ähnliche Süßspeise zu beschreiben – sollen diese Abänderungen so vielversprechend gewesen sein, daß sie mit der orientalischen Atmosphäre der “Tausend un eine Nacht” und demnach mit Ali Baba in Verbindung gebracht wurden, von dem der Name dieses Leckerbissens abgeleitet wurde. Andererseits war Stanislaus Leszczynski jahrelang in türkischer Haft und der Kontakt mit Sultaninen und Safran wäre somit nicht überraschend. Die ursprüngliche Form des Babà soll gemäß der Legende somit der Kuppel der Heiligen Sophia-Moschee in Istanbul ähneln und der Name von Ali Baba abgeleitet worden sein. Erst in Frankreich soll die Form bei der Konditorei Stohrer in Paris (bis heute aktiv) von der orientalischen Form in die heutige Form einer Küchenmütze umgewandelt worden sein.
Die Zugabe von Alkohol
Obwohl sehr flockig, was ein selten zu erschaffenes Gleichgewicht zwischen Konsistenz und Leichtigkeit beweist, wies der Babà jedoch den Mangel auf, schon nach wenigen Tagen hart und trocken zu werden. So dachte man schließlich, ihn mit Rum oder Maderawein zu benässen und die Frage, welcher der beiden Liköre wohl geeigneter sei, wurde über Jahrzehnte lang erörtert.
Die Veränderung in Neapel
Als der Babà am Anfang des 19. Jahrhunderts von den “monsù”, den französischen Köchen der aristokratischen Familien und des gehobenen Mittelstandes nach Neapel gebracht wurde, wurden an ihm Abweichungen ausprobiert, das heißt, es wurden der Safran (war zu teuer), die Sultaninen und die kandierten Früchte nicht mehr als Zutaten verwendet.
Der französische Einfluss in Neapel
Der Babà ist auch ein Hinweis zur etwa 300 Jahre andauernden Beziehung zwischen den beiden über lange Zeit größten Städten Europas, Paris und Neapel. Seit Marie Antoniette sich mit Ludwig XVI vermählt und ihre Schwester Maria Carolina mit nur 16 Jahren den Borbonen und König von Neapel Ferdinand den IV. heiratet, wächst zwischen den beiden Töchtern von Franz Herzog von Lothringen und der Kaiserin von Österreich Maria Teresa von Habsburg eine Rivalität, so daß geheime Berichterstatter von Maria Carolina nach Paris geschickt werden um über die neusten Trends in der Mode und der Küche zu berichten. Vor der offiziellen Mode der Nouvelle Cuisine entstehen in Neapel somit neuen französisch klingenden Gerichte die bis heute in der neapolitanischen Küche teilweise angenommen und verändert wurden sind wie der Gattò, die Besciamella, der Gratin, die Sciù oder eben auch unser Babà.
Der Babà in der Redewendung
Bis heute ist die Redewendung “Si nu‘ Babbà” in der neapolitanischen Sprache Ausdruck für eine hilfsbereite Person, einen herzlichen Charakter und wird somit auch als Dank für das Erhalten eines Geschenks oder Aufmerksamkeit benutzt.
Heutige Varianten des Babà
Heute wird die Süßspeise in den verschiedensten Formen und Größen angeboten, häufig mit Aprikosenmarmelade bestrichen oder einer schmackhaften Creme gefüllt und mit eingelegten Amarellen, Wald-Erdbeeren, geschlagener Sahne, Cassata-Füllung oder Nutella garniert. Sehr viel Anklang haben in den letzten Jahren auch die kleinen “Babà al liquore“ gefunden, die von den zahlreichen Herstellern in Rum oder dem lokalen Limoncello (Zitronenlikör) konserviert werden.
Weitere Infos findet Ihr in meinem Blog zur Gastronomie in Kampanien