Die Katakomben von San Gaudioso sind nach den Katakomben von San Gennaro mit seinen 5600 Qm der zweitwichtigste frühchristliche Friedhof der Stadt Neapel. Ausser dem Heiligen Gaudioso liegen hier auch die Heiligen Agnello, Sossio und Nostriano begraben. Die Katakomben von San Gaudioso beinhalten auf zwei Etagen etwa 2000 Gräber und 500 Arcosolia (Nischengräber).
Die Geschichte des San Gaudioso
Im Jahr 439 n. Chr. wird der Bishof von Bythinien Settimius Celius Gaudiosus im prokonsularen Afrika von den Vandalen unter Geiserich ins Exil gezwungen. Zusammen mit anderen Geistlichen und Christen flüchtet Gaudiosus nach Neapel wo er seine christliche Mission bis zu seinem Tod im Jahr 452 fortführt. Der auf Marmor gemeisselte christliche Kalender von Neapel bestätigt seine Bestattung am 27. Oktober des Jahres 452 an den Hängen der Colli Aminei in der Nähe von weiteren Hypogäen und wichtigen christlichen Reliquien. Nach seiner Ankunft in Neapel soll San Gaudioso ein Kloster im oberen Teil der Altstadt Caponapoli gegründet haben, wo von ihm die Augustinusregel eingeführt wurde. Ausserdem soll er einige Reliquien der Heiligen Restituta von der Insel Ischia nach Neapel gebracht haben, die heute weiterhin in der in der Kathedrale von Neapel integrierten Basilika der Santa Restituta aufbewahrt werden. Der Kult des Gaudiosus bleibt wohl lange erhalten, denn 499 nach Christus wird der neapolitanische Bischof Nostrianus in seiner Katakombe bestattet.
Die Überschwemmung und die Wiederentdeckung
Im 9. Jahrhundert werden die Reliquien der Katakomben des San Gaudioso nach dem Raub der Reliquien des San Gennaro in seinen Katakomben durch die Langobarden aus Sicherheitsgründen innerhalb der Stadtmauern Neapel gebracht. Daraufhin werden die Katakomben von den Schlammlawinen bei starken Regenfällen überschwemmt, der sogenannten Lava dei Vergini, so das der Eingangsbereich nicht mehr zugänglich war und die Katakomben von San Gaudioso in Vergessenheit gerieten. Über den Katakomben wurde ein Bauernhof errichtet, bei dem die Crypta als Stall und Lager verwendet wurde. Erst zum Ende des 16. Jahrhunderts wird das frühchristliche Bild der Heiligen Maria della Sanità in den Katakomben wiederentdeckt und die Basilika der Santa Maria della Sanità von den Dominikanern errichtet.

Die Integration in die Basilika der Santa Maria della Sanità
Die damalige Struktur der Katakomben von San Gaudioso ist heute wegen den sukzessiven Veränderungen kaum nachvollziehbar. Nach dem Bau der Basilika der Santa Maria della Sanità wollen wie dominikanischen Ordensbrüder die Katakomben von San Gaudioso für ihre Verstorbenen wiederverwenden und verändern die Struktur des vorherigen Bestattungsortes. Der Zugang war durch die heutige Crypta, die ursprünglich das Haupt-Ambulacrum der Katakombe war und wahrscheinlich im 6. Jahrhundert in eine frühchristliche Kirche umgewandelt wurde. Der Endbereich des Zugangs in die Katakomben ist weiterhin hinter dem Altar der Heiligen Eugenia in der Crypta der Basilika zu erkennen. Die Grabkammern mit einem direkten Zugang zur Crypta wurden zugemauert und die Reliquien der Märtyrer aus den römischen Katakomben in den Altaren eingesetzt. Der Zugang in die Katakomben von San Gaudioso führte ursprünglich ausschliesslich in die Grabkammer des San Gaudioso und wird erst bei den folgenden Veränderungen zum Hauptzugang der Katakomben.
Die Grabkammer des San Gaudioso
Die Grabkammer des San Gaudioso enthält ein Arcosolium, die von der Dekoration der Crypta der Bischöfe der Katakomben von San Gennaro ähnelt. Die bis heute erhaltene Dekoration zeigt den Heiligen Gaudiosus mit einem Heiligenschein und Ornamenten auf bunten Mosaikstückchen und dunkelgrünem Hintergrund mit hellgrauen Blättern und Weintrauben. Der am besten konservierteste Teil ist die Aufschrift des Bogens mit 9-10 cm grossen Buschstaben, auf der die Bestattung des Bischofs Gaudioso erinnert wird. Leider ist der Teil mit der Kennzeichnung des damaligen Konsuls verloren gegangen, welcher mehr Aufschluss über das genaue Datum des Todes des Gaudioso ermöglicht hätte. Diese Grabkammer bleibt in der dominikanischen Zeit die bedeutendste, da sie im Gegensatz zu anderen praktisch nicht verändert wird. Aus der dominikanischen Zeit stammen die zwei Abbildungen der Heiligen Agnello und Gaudioso in päpstlichen Anzügen neben der Grabkammer des San Gaudioso.

Das Grabmahl des Pascenzio
Links von der Grabkammer des Heiligen Gaudioso sind noch die erhaltenen Reste des Ambulacrums die die Basilika der Santa Maria della Sanità mit der Katakombe des San Gaudioso verbunden hatten und in denen sich 13 Grabkammern mit kleinen dekorativen Resten befinden. Eine der Grabkammern die sich am besten erhalten haben ist das Arcosolium des Pascenzio, auf denen der Heilige Petrus mit Paulus mit dem Verstorbenen in delikaten pastellähnlichen Farben dargestellt ist. Ein weiteres Arcosolium auf der linken Seite mit der Darstellung des juwelierten Kreuzes und zwei Lämmern, Symbolismus des des Kreuzes auf dem Golgotha mit zwei Aposteln, hat eine geringere artistische Qualität, die mit stärkeren Farbeffekten ausgeglichen werden wollen.
Die frühchristlichen Grabkammern auf der rechten Seite
Von der rechten Seite der Grabkammer des San Gaudioso können zwei weitere Grabkammern erreicht werden, von dem die erste von den Dominikanern für den Bau einer Passage im 17. Jahrhundert beschädigt wurde und die fälschlicherweise erst für das Grabmahl des Bischofs Nostrianus gehalten wurde. Von diesem Grabmahl ist noch ein juweliertes Kreuz und ein szenographisches Bild aus der orientalischen Tradition des 5. Jahrhunderts des Christus mit langem Bart, langen Haaren und einem Heiligenschein zu sehen. Bei einem genaueren Blick fällt einem auf der Höhe des Kinns und der Brust noch ein weiteres kleineres Bild eines Christus auf, das übermalt wurde und eine etwas ältere Darstellung sein müsste. Auf den vier Ecken der Bögen sind die vier Symbole der Evangelisten (Stier, Löwe, Adler und ein beflügelter Junge) abgebildet. Eine steile Treppe führt auf der entgegengesetzten Seite in die zweite Grabkammer. Die drei Arcosolia sind in diesem Fall erhalten geblieben und wurden mit einem weiteren Bild des Triumph des Kreuzes und einem sehr gelungenen Kelch mit einem Rand mit goldenen und einem Knoten mit grünen Mosaiksteinchen dekoriert.

Die Grabkammer des Nostrianus und des ersten Maria Bildes Neapels
Am Ende des 25 Meter langem und drei Meter breitem Haupt-Ambulacrums ist ein Altar mit einem Christus aus Tufstein vom Ende des 17. Jahrhunderts zu sehen vor einem Fresko der Seelen im Fegefuer zu sehen. Auf der vom Altar aus links gelegenen Wand wurde das verehrte Bild der Maria mit Kind gefunden, die letztendlich zum Bau der Basilika der Santa Maria della Sanità geführt hat und heute in ihrer Crypta ausgestellt ist. Das Bild ist bis heute das älteste Bild der Jungfrau Maria der Stadt Neapel und stammt aus der Zeit zwischen dem Ende des 5. und Anfang des 6. Jahrhunderts. Hinter dem Bild der Maria wurde ein dekoriertes Arcosolium gefunden, das die Archäologen heute für das wahre Grabmahl des Bischofs Nostrianus halten. Neben dem Grabmahl ist auch eine Abbildung der Heiligen Katherina aus Siena des florentinischen Malers Giovanni Balducci zu sehen. Entlang der Seitenwände des Ambulacrums lagen die ursprünglich nicht miteinander verbundenen und fast alle dekorierten Grabkammern der Katakomben von San Gaudioso.
Die dominikanische Erweiterung des 17. Jahrhunderts
Neben den beschriebenen Überresten aus der frühchristlichen Antike integrieren die dominikanischen Erweiterungen des 17. Jahrhunderts die Besichtigung der Katakomben von San Gaudioso. Neben dem Haupt-Ambulacrum ist ein Raum mit den sogenannten Sitzplätzen (oder Abtropfsitzen) zu sehen, die in den Tufstein gemeisselt wurden um dort die verstorbenen dominikanischen Ordensbrüder austrocknen zu lassen bevor sie in ein gemeinsames Ossarium oder ein privates Grabmahl gesetzt wurden. Die Kosten des vielleicht aus Sizilien stammenden Kults der Austrocknung waren sehr hoch und konnte nur von den Reichen finanziert werden. Die Verstorbenen wurden 8 bis 12 Monate auf die Plätze gesetzt und von dem Bestatter periodisch durchlöchert um den Austrocknungsprozess zu beschleunigen. Bis heute ist dieser brauch in der neapolitanischen Sprache mit dem Ausdruck Schiattamuorto (der die Toten aufplatzen lässt) als Synonym für den Bestatter und dem Fluch “Puozze sculà” (das jemand auslaufen solle) noch verankert.

Die eingesetzten Schädel mit bemaltem Körper
Ein weiterer dominikanischer Brauch war es die Schädel in die Tufsteinwand einzusetzen und durch ein Bild und einer Grabplatte den Verstorbenen darzustellen. Die Knochen wurden erst gereinigt und dann bis auf den Schädel in Sammel- oder Einzelgräber bestattet. Der Schädel, in dem der Gedanke des Verstorbenen konserviert wird, wird in die Wand gesetzt und schliesst von einem Skelett mit den Kleidern, Alltagsgegenständen oder manchmal auch einem Lebensmotto von dem florentinischen Maler Giovanni Balducci dekoriert. Die Damen sind alle mit breiten Kleidern dargstellt und befinden sich auf der linken Seite des Ambulakrums, während die Männer auf der rechten Seite bestattet wurden. Der Maler Giovanni Balducci selbst, der unter anderem im Dom von Florenz und Volterra sowie in den Uffizien gearbeitet hat, liegt in den Katakomben von San Gaudioso begraben und ist durch einen Pinsel und seinem Namen zu erkennen. Er soll auf sein Gehalt verzichtet haben, damit er hier begraben werden durfte. Die älteste Grabplatte stammt aus dem Jahr 1615 und die jünsgte aus dem Jahr 1635, da der von verschiedenen Orden angewandte Brauch die Verstorbenen austrocknen zu lassen im Jahr 1637 verboten wurde. Durch das Bild kann sowohl der soziale Status als auch die Identität des Verstorbenen abgelesen werden: Unter ihnen befinden sich der Magistrat Diego Longobardo, der Maler Giovanni Balducci und die adligen Damen Maria de Ponte und Donna Sveva Gesualdo.

Der Wächter der Katakomben
Das einzige Skelett das innerhalb der Katakomben von San Gaudioso komplett in die Wand eingesetzt worden zu sein, ist das vom sogenannten Wächter der Katakomben. Seine Hände haben eine Sense in der Hand und stützen sich auf ein Gitter um die Seelen im Fegefeuer zu wahren und ihnen keine Flucht zu ermöglichen. In Wahrheit sind die Knochen nach Zufallsprinzip zusammengestellt worden und entsprechen nicht den Knochen einer einzelnen Person.

Erleben Sie mit mir oder einem meiner qualifizierten Kollegen die Stadt Neapel bei einer Führung. Gerne können Museen, Kirchen oder andere Besonderheiten individiduell ins Programm eingefügt werden.
Weitere Informationen zu den Monumenten der Stadt Neapel finden Sie auch in der Kategorie in meinem Blog.