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Die Geschichte Kampaniens und Neapels

Die Epoche der Hohenstaufer im Süden Italiens

Durch die Vermahlng des normannischen und saufischem Geschlecht wird zum Ende des 12. Jahrhunderts die Epoche der Hohenstaufer im Süden Italiens. Es ist bis heute eine der am meisten untersuchten Zeitraeume in der Geschichte Italiens.

Friedrich wird zum König von Sizilien

Die Normannen profitieren von der Abwesenheit des Friedrich Barbarossa, der mit seinen Kreuzzügen beschäftigt ist und davon, das Heinrich VI und Konstanze vom Krieg gegen Heinrich dem Löwen in Deutschland abgelenkt sind. Somit finden sie im Jahr 1189 eine Einigung mit Papst Clement III, Tankred in Palermo als neuen König von Sizilien zu küren um die normannische Vormachtstellung in Süditalien zu bewahren. Eine versuchte Unterwerfung der sizilianischen Armee durch Heinrich VI. mit Unterstützung der pisanischen Flotte scheitert 1191, doch wird Tankred bereits 1194 sterben. Nach zwei großen Aufständen in Sizilien gegen die zu harte Regierungsform des Heinrich VI, kürt Heinrich schließlich nur ein Jahr vor seinem unerwarteten Tod seinen Sohn Friedrich 1196 zum König von Sizilien. Es beginnt die Zeit der Hohenstaufer im Süden Italiens.

Otto IV. und die Schlacht von Bouvines
Die Schlacht von Bouvines

Zwei europäische Mächte waren damals an der Kontrolle des Handels im Mittelmeerraum interessiert. Das sächsische Reich um Heinrich VI und Otto IV von Brunswick sowie der Vatikanstaat, der unter der Auflage der Treue des Königreich Siziliens zum Vatikan und gegen die islamischen und byzanthinischen Widersacher der römischen Kirche Friedrich II. unterstützt. Otto IV. versucht nach seiner Kürung als Kaiser des heiligen römischen Reiches sein Reich in Italien und im süditalienischen Königreich von Sizilien zu erweitern. Im Bündnis mit der englischen Armee kämpft Ottos Armee gegen die Armeen des Friedrich II und Philip II von Frankreich und erleidet in Bouvines bei Lille im Jahr 1214 eine verheerende Niederlage. Die Schlacht von Bouvines gilt als eine der blutigsten des gesamten Mittelalters und für viele Historiker als einer der Ausgangspunkte zur französischen Übermacht in den folgenden Jahrhunderten in Europa sowie Wegbereiter des Aufstiegs von Friedrich II in Süditalien.

Friedrich II. wird Kaiser

Im Jahr 1212 kehrt Friedrich nach Deutschland zurück um als König gekürt zu werden. Nach dem Sieg in Bouvines wird die Zeremonie wiederholt um 1220 als Kaiser des heiligen römischen Reiches gekürt zu werden. Bei dieser Gelegenheit verspricht Friedrich dem Papst Innozenz III einen Kreuzzug zu führen. Doch als Innozenz III stirbt, wird Friedrich von Gregorius IX gewarnt exkomuniziert zu werden, falls der Kreuzzug nicht durchgezogen werden sollte. Friedrich II. Taktik ist es aber, einen Krieg zu vermeiden um mit Sultan Malik al Kamil einen Frieden und die christliche Kontrolle über Jerusalem und Nazareth auszuhandeln. Noch im selben Jahr wird Friedrich II. als König von Jerusalem gekürt.

Friedrichs Rückkehr nach Sizilien

Friedrich II kehrt nach acht Jahren Abwesenheit nach Sizilien zurück. Bei seiner Abwesenheit wurden Feudalherrschaften verändert oder auch vergrößert und Teile Siziliens strebten eine Unabhängigkeit an. Friedrich wird mit seinen verbündeten Baronen hart und autoritär durchgreifen, in dem er Ländereien und Gebäude verbrennen und seine Opposition praktisch aushungern lässt. Die normannischen Gesetze werden wieder in Kraft gesetzt und hohe Steuern eingetrieben.

Der Stupor Mundi, Friedrich II der Hohenstaufer
Die Konstitutionen von Melfi

Im Zuge dieser Lage beruft Friedrich II seine Experten zusammen um seinen Staat neu zu organisieren: die sogenannten Konstitutionen von Melfi aus dem Jahr 1231 soll die bürokratische Verwaltung, die Justiz, die produktiven Aktivitäten wie die Minen, Salinen, die Landwirtschaft und die Seidenherstellung regulieren. Die Konstitutionen richtet sich an dem zentralisierenden Machtgefüge der Normannen aus, bei der alle Stadträte vom König nominiert und somit die lokalen Autonomien stark reduziert werden. Die Funktionäre sind keine Vassallen mehr, sondern bezahlte Bürokraten, wobei ihre Nominierung stark von der Position innerhalb der feudalen Hierarchie abhängt. Trotz der Vermischung der Verwaltungs- und Justizkompetenzen bei den Funktionären, bei denen es nicht selten zu Unregelmässigkeiten kam, sind sich viele Historiker einig, das die Verwaltung des Reiches von Sizilien die politische Struktur vieler anderer Länder antizipiert – allerdings mit einem fatalen Unterschied: Friedrich II bedient sich, wie bereits vorher schon die Normannen, an den bürgerlichen Klassen nur um Steuern einzutreiben und schafft ein sich Monopol  über den gesamten Aussenhandel seines Reiches. Dabei werden ganze Siedlungen unter Friedrich II zerstört und Teile der Bevölkerung wegen Unhorsam gegenüber der zentralen Staatsgewalt der Hohenstaufer ins Exil geschickt.

Kontraste mit der Kirche und Aufstieg Palermos

Gegenüber den kirchlichen Gütern ging Friedrich II mit Konfiszierungen und einer Blockade der Autonomie des religiösen Gerichts streng zu. Die Kirche musste nun bei jeder zivilen oder finanziellen Kontroverse vor das staatliche Gericht. In den Jahren 1239 bis 1250 werden im Königreich von Sizilien viele Anhänger des Papstes verhaftet. Palermo wird zu jener Zeit eines der wichtigsten Kulturzentren Europas, dessen Einwohnerzahl von manchen sogar auf 250000 Menschen geschätzt wird. Palermo wäre somit in jener Zeit eine der größten Städte der Welt gewesen.

Zentralisierungsprozesse im Handel unter Friedrich

Der Zentralisierungsprozeß unter Friedrich II des Königreichs von Sizilien führt zu erstmaligen Einführungen in Europa von Monopolen im Salz, Eisen, Kupfer, Seiden, Seilen oder im Pechhandel. Ohne die Unterstützung der bisher immer aktiven Handels- und Produktionskraft der süditalienischen Händler und Häfen wurde die wirtschaftliche Kraft des Südens Italiens letztendlich geschwächt. Die Entscheidung sich von der sozialen bürgerlichen Kräften abzusondern und hohe Steuern einzutreiben führt ebenfalls zu häufigen Aufständen. Die vielen Abgaben für den Erwerb von Wein, Fleisch, Öl, Käse als auch die Beschlagnahmung der Güter von Schuldnern und die Inhaftnahme dieser war für viele schwer tragbar. Viele Bürger mussten ebenfalls unbezahlte Arbeit leisten um Festungen und öffentlichen Bauten finanzieren zu können.

Die Niederlage von Fossalta und der Tod des Friedrich

Bei einer der zahlreichen Attacken der italienischen Welfen wird Friedrich in Fossalta bei Modena 1249 eine verheerende Niederlage erleiden. Nach seinem Rückzug nach Apulien wird er dort im folgenden Jahr sterben und seinem Sohn Konrad das Erbe über sein Reich überlassen.

Der überraschende Tod von Konrad und der Fall von Manfred

Das Ende der Vorherrschaft der Hohenstaufer im Süden Italiens beginnt mit dem unerwarteten Tod von Konrad; sein junger Sohn Konradin und sein Bruder Manfred werden von 1254 bis 1266 das Königreich von Sizilien regieren und versuchen den jakobinischen Teil der Bevölkerung zu stärken und gegen die päpstliche Macht aufzubringen. Die beiden aus Frankreich stammenden Päpste Urban IV (1261-1264) und Clemens IV (1265-1268) schliessen ein Abkommen mit dem mächtigen Karl I., Graf von Anjou und der Provence und Bruder vom König Ludwig IX von Frankreich. Die Anklage das Manfred sich mit den Arabern verbünden würde bietet dem Vatikan den Vorsatz ihn zu exkommunizieren und Karl I von Anjou mit etwa 30000 Männern nach Süditalien durchmarschieren zu lassen, ohne dabei auf jakobinische Widersacher zu treffen. Manfred fällt tödlich in der Schlacht von Benevent im Jahr 1266.

Konradin und das Ende der Hohenstaufer

Der Versuch der Sizilianer mit dem 16 jährigen Konradin die Krone zurückzuerobern, scheiert in der Schlacht von Tagliacozzo im Jahr 1268. Konradin wird auf der Piazza Mercato des neuen Machtzentrums Neapel geköpft. Zum ersten Mal wird innerhalb Europas ein christlicher König von einem anderen christlichen König geköpft. Die Dynastie der Hohenstaufer im Süden Italiens wird durch diesen symbolischen und brutalen Akt beendet.

Zusammenfassung

Friedrich II gilt für viele als Vorläufer des modernen Staatsoberhaupts und stellt eine Verbindung zwischen Mittelalter und Moderne dar. Seine Vorstellung eines Imperiums kann dabei als mittelalterlich, seine Öffnung zur kulturellen Integration als modern eingestuft werden. Sein königlicher Hof wird zu einem kulturellen und wissenschaftlichen Treffpunkt der verschiedenen Sprachen und Kulturen und führt zu einer Erneuerung der süditalienischen Literatur. In Sizilien entsteht eine Dichtungsschule, bei der wohl zum ersten Mal ein vulgäres Italienisch statt dem Latein verwendet wurde. Das von ihm gegründete Studium Neapolis in der Stadt Neapel ist die erste staatliche Universität Europas.

Idealistische Ziele eines Reiches

Friedrich II tendiert dazu, seinem absolutem Staat sehr idealistische kulturelle Ziele zu geben, die sicher keine Unterstützung im reaktionären Verhalten der römischen Kirche finden konnten, jedoch auch kein Gehör in der aufsteigenden bürgerlichen Klasse fand. Einige deutsche Historiker sehen in dem Hohenstaufer Friedrich einen Held und ersten Widersacher Roms und des Papstes, einen Kämpfer der freien Denkens und Vorläufer der Renaissance oder des illuminierten Absolutismus des 18. Jahrhunderts. Sein ganzes Leben lang versucht Friedrich sein politisch-kulturelles Ideal eines kosmopolitischen und pluralistischen christlichen Reiches aufleben zu lassen, während sich in anderen Ländern die zentralen Staaten und die komunalen bürgerlichen Autonomien durchsetzen.

Starke Zentralisierung

Friedrich hatte somit zwei schwere Hürden zu überwinden: auf der einen Seite die teokratische und integralististische Kirche, auf der anderen Seite die Komunen Norditaliens, die ihre städtische Autonomie nach dem Kampf gegen Barbarossa verteidigen wollten. Anders als der byzanthinische Basileus, der mit der orthodoxen Kirche verbündet war, strebte Friedrich einen Staat auf dem normannischen Modell an, bei dem eine Kommunikation mit der Kirche vermieden wurde. So ist die Neuorientierung des süditalienischen Staates der Hohenstaufer antifeudal und staatlich, wobei die Staatsstruktur als persönliches Eigentum ohne jegliche Autonomie gesehen wurde. Somit war das Königreich der Hohenstaufer in Italien mehr auf die Persönlichkeit von Friedrich II zugeschnitten als auf die aufsteigenden sozialen Kräfte des Reiches. In dieser Hinsicht blieb Friedrich eher dem normannischen Modell treu, das sich mehr auf die Zentralisierung als auf die Stärkung der städtischen Wirtschaft und deren Handelsklassen konzentriert hat.

Kampanien in der Zeit der Hohenstaufer

Bei der Übernahme der Hohenstaufer im Jahr 1196 wird ein Teil der Stadtmauern der Stadt Neapel abgerissen und die neapolitanische Bevölkerung gegen die Hohenstaufer aufgebracht, da die auf Handel basierte Stadt somit ihre so wichtige Verteidigungsanlage verlor. Erst unter Friedrich II. wird ein neuer Dock und ein Hafen mit höheren Kapazitäten errichtet. Doch die Region Kampanien und die Hohenstaufer werden sich trotz der Gründung des Studium Neapolis nie stark zusammenfinden.

Das Studium Neapolis, die erste staatliche Universität

Die heutige Universität Napoli Federico II, die nach seinem Gründer benannt ist, gilt als erste staatliche und nicht-religiöse Universität Italiens und der Welt. Sie wurde 1224 als Studium Neapolis durch einen staatliche Entschluß eröffnet um dem staatlichen Verwaltungspersonal und Dirigenten der Hohenstaufer eine exklusive Ausbildung zu ermöglichen und Juristen auszubilden, die bei der staatlichen Organisation und der Durchsetzung der Gesetze mithelfen können. Die Wahl Neapels als Gründungsort hatte wohl kulturelle (die Stadt hat eine lange juristische Tradition) als auch geographische Gründe. Bei der Organisation des Studiums werden die beiden lokalen Juristen Pier delle Vigne und Taddeo da Sessa erheblich mitwirken. Das Studium konzentriert sich auf die Lehre des Rechtswesens, der Freie Künste, der Medizin und Theologie. Theologie wird im Konvent von San Domenico und unter anderem auch von Thomas von Aquin von 1271 bis 1274 gelehrt. Die Struktur und Organisation des Studiums wird sich unter der gesamten Dynastie der Anjou kaum verändern.

Die heutige Fassade der Uni Federico II in Neapel
Pier delle Vigne

Eine bedeutende Persönlichkeit in der Epoche der Hohenstaufer im Süden Italiens war der 1190 in der Region Kampanien (in Capua) geborende Pier delle Vigne, der als gebildeter Schriftsteller, Politiker und Meister der ars dictandi des Königreich von Sizilien galt. Wahrscheinlich genoss er eine Ausbildung an der Universität von Bologna. Seine ruhmreiche Zeit beginnt, als er im Jahr 1220 Notar von Friedrich II. wird und mit anderen dictatores die offizieller Verfasser der Rundschreiben der Kaisers an die Bevölkeung wird. Diese Rundschreiben gelten als Musterbeispiele des aus dem aus Frankreich stammenden stilus supremus, der sowohl vom Vatikan als auch von dem Königshof von Friedrich II angeeignet wurde. Pier delle Vigne stand im ständigen Kontakt mit Theodor aus Antokya und weiteren Wissenschaftlern, seine Briefe beinhalteten oft theologische und philosophische Konzepte. Er gilt als aktiver Mitgründer der ersten staatlichen Universität, dem Studium Neapolis, als auch als Mitverfasser der Konstitution von Melfi von 1231, einem der wichtigsten legislativen Kodexe des Mittelalters. Bei seinem Aufenthalt in England im Jahr 1235 verheiratet er Friedrich mit seiner neuen Frau Isabella, der Schwester von König Heinrich III., im Jahr 1239 wird er Logoteta und Pronotar und erreicht damit eine der wichtigsten Positionen innerhalb des Königshofs.

Taddeo da Sessa

Taddeo da Sessa war ein aus Sessa Aurunca stammender Jurist und entstammt der Diktierschule aus Capua. Als Rechtsexperte ist Taddeo da Sessa eine Vertrauensperson von Friedrich II. und wird unter ihm oberster Chef der territorialen Verwaltungsaufteilung und Botschafter des Kaisers. Zusammen mit Pier delle Vigne verteidigt er Friedrich II. vor dem Konzil von Lyon (erfolglos, denn Friedrich wird dennoch exkommuniziert).

Unterstützung für Karl von Anjou

Nach dem Tod des Friedrich, erhebt Neapel einen großen Aufstand um sich von den Hohenstaufern im Süden Italiens zu befreien und um Riccardo Filangieri als neuen Podestà einzusetzen. Die Stadt Neapel erklärt sich unter der Gutheissung von Papst Innozenz IV. als autonome Kommune. Erst 1253 wird Kaiser Konrad IV Neapel zurückerobern, nur 7 Monate vor seinem unerwarteten Tod. Die Stadt Neapel ernennt sich wiederum zur autonomen Stadt und unterstützt Karl von Anjou mit zahlreichen Soldaten und einer hohen Summen von Geldern um sich von der Dynastie der Hohenstaufer befreien zu können.

Das architektonische Erbe: Die Porta di Capua

Die Porta di Capua, oder auch Porta delle due Torri genannt, war eine 1234 von Friedrich II. gewollte und von Architekt Niccolò di Cicala 1240 beendete monumentale Verteidingungsarchitektur, die in Capua über dem Fluss Volturno gebaut wurde und der wichtigste Zugang der aus dem Norden zur sogenannten Terra di Lavoro.

Die Bedeutung

Friedrich liess sich von zwei von ihm besichtigten monumentalen antiken Triumphbögen inspirieren: dem Triumphbogen von Augustus in Rimini und dem Triumphbogen von Konstantin am Kolosseum in Rom. Aus politischer Sicht zeigt der Triumphbogen eine Art imperiale Vision des Friedrich II. auf, die sich als Konkurrent zum nahen Vatikanstaat darstellt und dessen Ikonographie gewollt auf das symbolische Thema der Gerechtigkeit basiert. Die beiden bärtigen und mit einem Lorbeerkranz geschmückten Skulpturen der Porta di Capua werden mit den beiden kampanischen Juristen und Vertraunspersonen des Friedrich II. Taddeo da Sessa und Pier delle Vigne identifiziert. Die Bedeutung des Tors weist auf einen Zugang zum juristisch gerechten Staat des Friedrichs im Kontrast zur universellen religiösen Macht des Papstes hin. Laut dem Historiker Abulafia könnte das Portal eine symbolische Projektion der Konstitutionen von Melfi darstellen, da es ab 1234 wenige Jahre nach den Konstitutionen errichtet wurde.

Die Porta di Capua damals
Die Struktur

Der Historiker Riccardo di San Germano beschreibt in seiner Cronaca das Friedrich II. zwei Kirchen abreissen liess und die Baukosten des Tors von den Gemeinden zwischen Capua und Mignano getragen werden mussten. Das Tor wurde ursprünglich auf drei Ebenen erbaut und mit einer zentralen Figur von Friedrich II. und zwei bärtigen und mit einem Lorbeerkranz geschmückten Skulpturen von den beiden bedeutenden Juristen und Vertraunspersonen des Friedrich II., Taddeo da Sessa und Pier della Vigna Skulpturen dekoriert. Auf der untersten Etage symbolisiert die Skulptur einer Frau die Treue von Capua, indem sie ihren Brustkorb öffnet und einen imperialen Adler vorzeigt. Der artistische Einfluß auf den unter Alphons V. von Aragon gebauten Triumphbogen im heutigen Castel Nuovo in Neapel ist unverkennbar.

Sukzessive Veränderungen

Der Triumphbogen von Capua wurde in den letzten Jahrhunderten zwei mal verändert: der spanische Vizekönig von Neapel Fernando Alvarez de Toledo modernisiert im 16. Jahrhundert die Verteidigungsstruktur und im zweiten Weltkrieg wird die römische Brücke vor dem Tor von den Bombenangriffen zerstört. Die Basen der Türme und wenige Reste der Brücke sind noch zu erkennen, während die erhaltenen Skulpturen, unter anderem die kopflose Skulptur von Friedrich II., im Museo Campano von Capua aufbewahrt werden. Von seinem Kopf ist noch eine Kopie von Tommaso Solari aus dem 18. Jahrhunders zu besichtigen. Eine Besichtigung des leider recht unbekannten, aber sehr interessanten Museo Campano in Capua ist sehr zu empfehlen.

Weitere Infos finden Sie in meinem Blog zur Geschichte Neapels und Kampaniens

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Die Geschichte Kampaniens und Neapels

Die Eroberung Süditaliens durch die Normannen

Die ursprünglich aus Skandinavien stammende Bevölkerung der Normannen (von Nordmännern) nutzen ihr Wissen im Schiffsbau um zu pilgern, zu handeln oder auch Raubzüge zu organisieren. Die Normannen sind in jener Zeit größtenteils bereits christlichen Glaubens und die erdrückende Feudalwirtschaft der Normandie führt zu starken Migrationen der Normannen in Richtung Ostsee, Nordsee, dem atlantischen Ozean und in den Mittelmeerraum.

Zur Jahrtausendwende als Söldner in Kampanien

In Kampanien und Süditalien werden normanische Pilger urkundlich zum ersten Mal in Salerno bei ihrer Rückkehr aus Jerusalem im Jahre 999 erwähnt. Die normanischen Krieger helfen Fürst Guaimar IV. Salerno vor einem Angriff der Sarazenen erfolgreich zu verteigen. Daraus folgte, daß einzelne Ritter oder Rittergruppen aus der Normandie nach Süditalien zogen, um hier als Söldner in die Dienste der verschiedenen langobardischen Fürsten oder byzanthinischen Herrscher zu treten.

Rückzug aus Apulien

Im Jahr 1016 reisen normannische Pilger zum Schrein des Erzengels Michael in Gargano und treffen dort auf den langobardischen Adligen Melus von Bari. Dort versuchen sie zusammen mit Melus Apulien von den Byzantinern zu befreien und beteiligen sich somit das erste Mal an einem geplanten Krieg. Die Schlacht von Canne im Jahr 1018 endet allerdings mit einer derben Niederlage und dem Tod von Rainulph Drengots Bruder sowie einem Rückzug der Überlebenden von Apulien nach Kampanien.

Die normannische Grafschaft von Aversa unweit von Neapel

Erster fester Sitz in Aversa

In Kampanien nutzt die restliche normanische Miliz unter Rainulph Drengot die Rivalität der langobardischen Herzogtümer aus und unterstützen zuerst Pandolph IV. von Capua. Weitere Raubzüge und Wechsel zu den meistbietendsten Auftraggebern folgen in den Jahren darauf. Nachdem Pandolph es zum ersten Mal schafft das Herzogtum von Neapel zu erobern, unterstützt Rainulph Drengot mit seinen normannischen Rittern allerdings überraschenderweise den neapolitanischen Herzog Sergius IV bei der Rückeroberung der Stadt. Zum Dank erhalten die Normannen durch Sergius IV. von Neapel im Jahre 1030 die Grafschaft von Aversa unweit von Neapel als Lehen und werden somit zum ersten Mal in Süditalien sesshaft.

Eroberung von Capua

Das Vorgehen von Drengot verärgert den deutschen Kaiser Konrad II., der das Fürstentum von Capua daraufhin erobert um es dem antibyzantinischen Fürsten Waimar IV von Salerno zu übergeben. In diesem Zeitraum bemerken die Normannen, daß weder die Langobarden noch die Byzantiner in Süditalien eine Zukunft haben werden, da sich sowohl der deutsche Kaiser als auch der Vatikan in die Interessen Süditaliens einmischen. Da keiner den Mut findet entschieden einzugreifen, erobern die Normannen das Fürstentum von Capua, mit öffentlicher Anerkennung von Konrad II., um zu einer der größten politischen Mächte im Süden Italiens heranzuwachsen.

Zweites normannsches Machtzentrum unter Wilhelm von Hauteville

Wilhelm “Eisenarm” von Hauteville erreicht mit seinem Bruder Drogo nach Anfrage von Rainulph Drengot um 1035 Süditalien  um die Byzantiner bei der Rückeroberung Siziliens von den Arabern zu unterstützen. Nachdem das Ziel nicht erreicht werden konnte, schließen sich die Langobarden unter Waimar VI. und die Normannen unter Wilhelm Eisenarm zusammen um das byzantinische Apulien an sich zu reissen.

Die Hauteville in Melfi

Sitz der Hauteville in Melfi

Die ständig umkämpften Territorien führen zu einer erneuerten Allianz im Jahre 1042 zwischen Rainulph Drengot und Pandolph IV. von Capua um dem langobardischen Fürst Waimar IV. von Salerno zu bekämpfen, der allerdings seine Schwester Gaitelgrima mit Drogo verheiratet um seine Freundschaft und die Position der Normannen als seine Vassallen zu verstärken. Mit dem Plan gemeinsam Kalabrien zu erobern schenkt Waimar IV von Salerno dem Normannen Wilhelm Eisenarm von Hauteville dafür im Jahr 1044 die Stadt Melfi.

Benevent als Enklave des Papstes

Innerhalb weniger Jahrzehnte geraten somit die verschiedenen soliden und sekulären Kleinstaaten, die bisher in verschiedenen Formen einen eigenen intellektuellen und wirtschaftlichen Fortschritt erlangt hatten, in eine schwierige Situation. Benevent, die ursprüngliche Hauptstadt des langobardischen Herzogtums, fällt im Jahr 1051 unter den heiligen Stuhl des Papstes (und wird dieses auch bis zur Vereinigung Italiens im Jahre 1860 bleiben) und somit zu einer Enklave innerhalb des normannischen Reiches.

Verbündet mit dem Papst unter dem Zeichen des Christentums

Durch den Wunsch des Vatikans den Süden Italiens von den Byzanthinern zu befreien, erhalten die Normannen vom Papst den Konsens ein katholisches normannisches Königreich zu erschaffen. Im August des Jahres 1059 kommt es zur Synode von Melfi: Papst Nikolaus II. bestätigt nicht nur die Gebietsansprüche der beiden Fürsten Richard von Capua und Robert Guiskard, sondern macht sie offiziell zu seinen Lehnsleuten.

Vertreibung der Byzanthiner und die Eroberung Siziliens

Ein weiterer Vorteil stellt der gemeinsame Kampf mit den Genuesern und Pisanern gegen das von der Arabern beherrschte Sizilien dar. Robert de Hauteville geht diese Aufgabe an und erobert 1072 Palermo in einer überraschenden Invasion, im Jahr 1073 Amalfi und im Jahre 1076 Salerno. Im Laufe weniger Jahre fällt eine sizilianische Stadt nach der anderen, bis 1091 mit der Stadt Noto auch das letzte arabische Bollwerk unterliegt. Durch die Eroberung von Bari im Jahre 1071 wird außerdem den Byzanthinern die letzte militärische und politische Präsenz im Süden Italiens genommen. Erst als die Normannen dem Papst den Molise entreissen kommt es zum Konflikt zwischen Gregor VII und den Normannen. Durch die starke militärische Macht der Normannen unter Robert Guiskard akzeptiert die Kirche im Jahr 1080 allerdings einen Friedensvertrag.

Der Aufstieg von Salerno

Die medizinische Schule von Salerno, Miniatur aus dem Kanon von Avicenna

Salerno steigt in den Jahren von 1077 bis 1130 zur Hauptstadt des kontinentalen Süditaliens auf und wird, auch dank ihrer berühmten Scuola Medica (die medizinische Schule), ihren wohl bisher ruhmvollsten historischen Zeitraum erleben. Die Scuola Medica von Salerno wird in jenem Zeitraum wohl das wichtigste Studienzentrum des christlichen Westeuropas. Die Stadtstruktur von Salerno erneuert sich ebenfalls: Eine neues Königsschloß wird gebaut, das Castel Terracena, sowie der beeindruckende Dom, der unter Robert Guiskard im arabisch-normanischen Stil errichtet wird. Der Dom wird von Papst Gregor VII eingeweiht, der im Exil in Salerno unter normannischem Schutz lebt (und heute begraben liegt) und die verehrten Reliquien des Apostels Matthäus konserviert.

Der erste christliche Kreuzzug

Nach einem missglückten Angriff auf den Orient stirbt Robert Guiskard im Jahr 1085 in Kefalonia, wenige Jahre nachdem er Papst Gregor VII aus Rom von der Haft durch Heinrich IV. befreit und nach Salerno bringt. Im Jahr 1096 startet nach einem Hilferuf des byzanthinischen Kaisers mit Unterstützung der Franzosen der erste Kreuzzug auf die islamische Bevölkerung, der sich jedoch auch auf Konstantinopel selbst und die jüdische Bevölkerung ausweitet.

Vereinigung Süditaliens unter der normannischen Krone

Gegen Ende des 11. Jahrhunderts haben die Normannen mit Ausnahme der päpstlichen Enklave Benevent und dem Herzogtum von Neapel bereits den gesamten Süden Italiens erobert. Die Invasion von Kaiser Lothar III. in Italien führt zu harten Kämpfen zwischen den Normannen und der römisch-deutschen kaiserlichen Armee und einen kurzweiligen Verlust einiger Territorien. Nur kurz nach der Abreise Lothars III. aus Italien im Jahr 1137 erobern die Normannen unter König Roger II. Salerno, Avellino, Benevent und Capua zurück und außerdem zum ersten Mal auch das Herzogtum von Neapel. Das Königreich der Normannen beinhaltet nun ganz Süditalien von Sizilien bis nach Gaeta im Süden Roms.

Die Familie Hauteville, Melfi

Erster moderner Beamtenstaat Europas

Nach vielen Jahrhunderten politischer Trennung werden die Städte Kampaniens unter der normannischen Krone vereint und ein Modell für ganz Europa was die Effizienz und Moderne der politischen Verwaltung betrifft. Nach arabischem Vorbild wird der erste moderne Beamtenstaat Europas in Süditalien gegründet. Ein Beispiel hierfür ist die Verfassung der sogenannten Assisen von Ariano (das heutige Ariano Irpino in der Provinz von Avellino), einer umfassenden Verwaltungs- und Justizreform aus dem Jahre 1140, bei der religiöser von königlicher Macht getrennt und die wachsende Macht der Barone gehemmt werden sollen.

Lateinisierung der süditalienischen Kirche

Durch die Normannen kann der Vatikan auch die Lateinisierung der griechischen Kirche in Süditalien fortführen. Die Normannen akzeptieren die kirchliche Authorität des Papstes über alle lokale Bischöfe, ob griechischen oder lateinischen Kults, sowie die Vormachtstelltung der lateinischen Bischöfe über jegliche Kulte anderer Sprachen. Den Normannen begnügen sich damit das die lateinischen Priester vorzugsweise normannischer Herkunft sind.

Verlust der lokalen Autonomien

Das normannische Reich bedeutet allerdings auch eine schwer zu überwindende Blockade für die Autonomien der Städte Kampaniens und der Entwicklung ihrer Verwaltungen. Der wirtschaftliche Wohlstand von Zentren wie Amalfi wird gemindert, da ihre Position im internationalen Handel nicht mehr so zentral und autonom wie zuvor ist. Interessanterweise gibt es im Süden Italiens bis zur Ankunft der Normannen kein wirkliches Feudalsystem, das von den herrschenden Dynastien abhängig gewesen wäre. Die große Anzahl von Gemeinden und Dörfern waren relativ autonom und riskierten nur Raubzüge der Langobarden oder hohe Steuerabgaben an die Byzanthiner. Durch die Organisation der Langobarden als oft miteinander verwandter Volksstamm und der Byzanthiner als bürokratisch-militärischen Systems eines ethisch-religiösen Reiches entwickelt sich somit lediglich eine Steuererhebung an die verschiedenen Volksgruppen, Familien und Gemeinden Süditaliens.

Hyrarchisches Militärsystem in der Verwaltung

Die Normannen tendieren zwar zu einem zentralisierten staatlichen System, allerdings unter verschiedenen Hyrarchien, bei denen die Untergeordneten meist Vassallen der wirtschaftlich und militärisch mächtigeren Oberschicht sind. Selbst die Religion ist nur Instrument um besser regieren zu können und theologische Diskussionen sind praktisch kaum vorhanden. Die Normannen bedienen sich eigenen Funktionären um staatliche Güter zu kontrollieren und somit eine wirtschaftliche und politische Autonomie aufzubauen. Die normannischen Herrscher können die historisch und sprachlich pluralistischen Kulturen schwer unter einen Hut kriegen, daher versuchen sie einen zentralisierten Staat mit militärischer Gewalt aufzubauen, der auf klare Hyrarchien zwischen Über- und Untergeordneten basiert und die lokalen Landwirte und Bauern unterdrückt.

Die Abhängigkeit vom König

Im sogenannten “Katalog der Barone” aus dem Jahr 1153 werden alle Pflichten der Ritter, Barone und den neuen Grundbesitzern aufgeführt, die wie im normannischen England alle vom König abhängig sein müssen. Der König bleibt exklusiver Inhaber aller Feudalwirtschaften des Reiches und dies garantiert ihm einen immensen Reichtum und eine von den Baronen unabhängige Entscheidungsfreiheit. Somit sind alle, von der Kirche über den Adel bis zum Bauern, in irgendeiner Form an den normannischen König gebunden.

Roger II, normannischer König Süditaliens

Eweiterung in Richtung Afrika

Die normannischen Könige legen viel Wert auf territoriale Eroberungen. Nach der Gründung des süditalienischen Reichs unter der normannischen Krone erweitern Roger II, Wilhelm I und Wilhelm II das Königreich in Richtung Afrika von Tripolis bis Tunis. Im Jahr 1156 konkurriert das Reich von Sizilien in militärischer Macht und Reichtum mit Frankreich und England und stipuliert Abkommen mit Papst Hadrian IV. über wichtige Städte wie Capua, Neapel, Amalfi oder Salerno aus.

Das normannische Reich von Sizilien

Die Entwicklung der süditalienischen Gemeinden

Die Einführung der strengen Feudalherrschaft durch die Normannen hat schlimme Folgen auf die Einheit und die Verbindungen zwischen Stadt und Umland: die feudalen Systeme führen zu einem politischen Partikularismus und zerschlagen das Fundament der von den Normannen selbst versuchten staatlichen Einheit. Durch das mangelnde Interesse an einer autonomen Entwicklung der lokalen Bauern, Händler und Gemeinden organisieren sich viele Bewohner in “universitas” genannte Gemeinden um eigene Interessen besser verteidigen zu können. Der normannische Verwaltungsapparat hingegen ist fair und effizient, da die Justiz von staatlichen Funktionären und nicht von den Baronen ausgeführt wird.

Roger II. Tochter Konstanze als neue Königin mit Heinrich VI. als Mann

Doch die Einheit zwischen Vatikan und Normannen bricht mit der Heirat von Konstanze von Hauteville mit Heinrich VI. Da Wilhelm II. keine Kinder bekommt und bei den Normannen nicht unbedingt ein Mann das Königreich regieren muß, schafft es Konstanze, Tochter von Roger II, den jungen Wilhelm III zu entthronen und nach einem Krieg gegen die mit dem Papst allierte Armee von Tankred neue Königin von Sizilien zu werden.

Abgabe des Königreichs und dem Sohn Friedrich an Papst Innocenz III.

Konstanzes Ehemann Heinrich VI. läßt sich von Papst Coelestin III. als Kaiser krönen, bleibt aber wegen seinem überraschenden Tod im Alter von 32 lediglich drei Jahre auf dem Thron des Königreichs von Sizilien. Konstanze beendet die Dynastie der Normannen indem sie Papst Innocenz III sowohl ihren jungen Sohn Friedrich als auch das Königreich in Obhut gibt. Friedrich wird als Erwachsener den Kampf gegen den Vatikan allerdings fortführen und einer der bis heute bekanntesten Könige Europas werden.

Die Könige Siziliens (inklusive dem Süden Italiens) der Hauteville-Dynastie von 1130-1198

  • Roger II, 1130-1154 schafft es den gesamten Süden Italiens zu erobern und zu einem Zentralstaat zu vereinen, der als einziger in Italiens Geschichte 700 Jahre überdauert;
  • Wilhelm I, der Böse, 1154-1166, Sohn von Roger II;
  • Wilhelm II, der Gute, 1166-1189, Sohn von Wilhelm I;
  • Tankred 1189-1194, Sohn von Roger III. von Apulien, dem ältesten Sohn von Roger II;
  • Wilhelm III, 1194, Sohn con Tankred, Thronfolger im Alter von 9 Jahren unter Aufsicht seiner Mutter Sybille;
  • Konstanze von Hauteville, 1194-1198, nach dem Tod von Roger II. geborene Tochter, die sich mit dem Staufen Heinrich VI., Sohn von Friedrich I. Barbarossa, verheiratet und den legitimen Nachfolger Wilhelm III absetzt um das Königreich von Sizilien zu regieren. Nach dem Tod von Heinrich im Jahr 1197 regiert die Witwe im Namen des Sohns Friedrich II., zukünftiger König von Sizilien, Deutschlands und des heiligen römischen Reichs.

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Die Geschichte Kampaniens und Neapels

Das Herzogtum von Neapel

Die gotische Invasion Kampaniens wird vom byzanthinische General Belisar bekämpft und der gotische König Vitige eingekerkert, doch unter Totila schaffen es die Goten die Situation nochmals zu ihren Gunsten zu wandeln und nehmen große Teile Süditaliens, unter anderem Neapel, wieder ein. Erst General Narses entscheidet den bereits 18 Jahre andauernden byzanthinisch-gotischen Krieg für Byzanz und besiegt die letzten beiden gotischen Könige Totila und Teja. Neben der byzanthinischen Kunst wird auch durch der Novus Iustinianus Codex die Grundlage für die erneuerte Rechtsordnung der Stadt Neapel des frühen Mittelalters.

Fresken im byanthinischen Stil in Cimitile bei Neapel
Die Epoche der Bischöfe

Nach der Vertreibung der Goten breiten sich ab dem Jahr 568 die Langobarden in Italien aus, die in recht kurzer Zeit Mittel- und Süditalien und Kampanien erreichen. Die Verwaltung der Stadt Neapel, unter der byzanthinischen Obrigkeit während einer Epoche der politischen Instabilität, erhält eine aus Verteidigungsgründen notwendige Militärstruktur sowie eine neue Zivilstruktur, damit die erorberten Territorien verteidigt und verwaltet werden können. Auffallend ist auch der steigende Einfluss der Kirche durch den lokalen Bischof, der praktisch die Aufgaben des antiken Magistrats übernimmt und somit zum obersten Richter des Zivilrechts aufsteigt. Die Jahre von 578 bis etwa 670 werden daher als Bischofs-Epoche bezeichnet, da sowohl die religiöse als auch die zivile Macht durch die Bischöfe verkörpert wird. In diesen fast 100 Jahren entstehen in der Stadt zahlreiche Kloster und Kirchen griechischen Ursprungs in Form von koinobitischen Gemeinschaften, die meist von Mönchen des Basilianer-Ordens geleitet werden.

Kontraste mit dem Papst und Zufluchtsort

Diese Machtstellung des Bischofs führt zu heftigen Kontrasten mit den Päpsten und die Bevölkerung Neapels muß sich nicht selten vor Eingriffen der Kirche aus Rom verteidigen. Außerdem schafft das Herzogtum von Neapel sich fast ohne Fremdhilfe (Papst Gregor der Große ist eine Ausnahme) dauerhaft gegen die Angriffe der langobardischen Herzoge Arich von Benevent und Ariulf von Spoleto zu verteidigen und das byzanthinische Herzogtum von Neapel zu schützen. Die Stadt Neapel ist dadurch auch Zufluchtsort der flüchtenden kampanischen Bevölkerung von den von den Langobarden eingenommenen Städte wie Acerra, Atella, Nola, Nocera oder Capua.

Autonomes Herzogtum unter Byzanz

Eine komplette Autonomie, als Verbündeter von Byzanz, erhält Neapel im Laufe des 7. Jahrhundert mit der Ernennung eines Dux und der Einrichtung des Herzogtums von Neapel. Giovanni Consino vertritt das mit der byzanthinischen Dominanz zu jener Zeit unzufriedene Volk: mit der kaiserlichen Ernennung von Basilio zum Herzog im Jahre 661 wird eine neue Position geschaffen, der wie die römischen Magistrate damals, eine autonome Verantwortung über das lokale Heer hat.

Muenze aus Neapel aus dem 8. Jahrhundert mit dem heiligen Januarius
Abgrenzung von Byzanz

Interessant ist auch der Fakt, das zum ersten Mal ein Neapolitaner über die Stadt regieren kann, jedoch mit einer begrenzten Entscheidungsfreiheit. Stefan II ist anfangs (ab 755) noch kaum mit dem Papst verbunden, doch durch seine Anerkennung des Papstes Paul I und seiner Ribellion gegenüber Byzanz kommt es letztendlich im Jahr 763 zur Einrichtung des autonomen Herzogtums von Neapel. Um die errungene Autonomie Neapels zu untertreichen besteht Stefan II auf die päpstliche Unterschrift auf den offiziellen Dokumenten. Der neue “Dux-Bischof” führt das Latein wieder als offizielle Sprache ein, Heiligenbilder werden streng respektiert und die neuen Münzen des Herzogstums zeigen nicht mehr das Bild des byzanthinischen Kaisers sondern den lokalen heiligen Märtyrer Januarius.

Verlust von Knochen, Amalfi und Gaeta

Neapel verteidigt sich weiterhin erfolgreich gegen die Langobarden, im Jahr 831 aber werden die Reliquien des Heiligen Januarius (allerdings ohne den Schädel) geraubt, da diese in den Katakomben außerhalb der Stadtmauer aufgehoben waren. In der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts, vielleicht auch durch Herzog Antimo begünstigt, erlangen Gaeta und Amalfi eine stärkere Selbstbestimmung und entwickeln sich ab 839 zu den autonomen Herzogtümern von Amalfi und Gaeta.

Nähe zu den Franken und Sarazenen

Unter Herzog Andrea II beruhigt sich bis 840 der langwierige Verteidigungskampf des Herzogtums durch einen näheren Bezug zu den Franken, der auch vor sarazenischen oder langobardischen Angriffen hilft. Unter Sergio I ab dem Jahr 840 wird der Papst allerdings misstrauisch und Neapel fällt in Verdacht, den Sarazenen bei der Eroberung von Messina geholfen zu haben. Das Herzogtum von Neapel entwickelt in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts durch die wachsende Distanz zum Vatikan und der langsamen Abnabelung vom untergehenden byzanthinischen Imperium mehr eigene Autonomie.

Landwirtschaft und entstehende Vororte

Die Landwirtschaft und die Entwicklung der Landgüter beeinflussen die Geschichte Neapels ab dem 9. Jahrhundert. Aus den Dokumenten jener Zeit wird von einer großen Anzahl von Obst- und Gemüsegärten, Feldern, Weingärten und verschiedene Anbaumethoden berichtet. Man könnte fast auf eine Kontinuität zur Campania Felix der Antike schließen, als dieses Gebiet für die Landwirtschaft gerühmt wurde. Doch im Vergleich zur Antike gibt es eine Veränderung, die durch mühseelige Arbeit an den Mischwäldern, Büschen, Eichenwäldern, Pinienwäldern, Teichen und Sümpfen erreicht wird. In der Nähe der anbaubaren Flächen bilden sich kleine Siedlungen, die sich im Laufe der Zeit zu den Vororten Neapels entwickeln werden und bereits seit der ersten Zeit des byzanthinischen Einflusses als Teil der neapolitanischen urbanen Struktur angesehen sind. Auffallend ist die große Fragmentierung in kleine Anbaugebiete der landwirtschaftlichen Fläche, die somit zu einer großen Vielfalt und zu starker Konkurrenz führen.

Sieg über die Sarazenen

Im Jahr 915 besiegt das Herzogtum von Neapel gemeinsam mit dem langobardischen Herzogtum von Capua am Fluss Garigliano an der Grenze zum Latium endgültig die Sarazenen. Die Hilfe der byzanthinischen Armee hat aber zur Folge daß Neapel etwa bis 963 wieder von Byzanz ernannten Herzogen regiert wird. Das Herzogtum von Neapel wehrt sich daraufhin auch erfolgreich gegen die Expansionsversuche in Richtung Süditalien des Heiligen Römischen Reiches unter Otto III.

Die neapolitanische Marine

Die Marine von Neapel entwickelt sich in dieser Epoche sehr intensiv und wird von vielen Seemännern bewohnt. Die Stärke der neapolitanischen Marine liegt nicht besonders in der Anzahl eigener Händler, sondern an der großen Menge ausländischer Seefahrer, die im Herzogtum von Neapel Fuß fassen können und die Handelsrouten ab und zur Stadt Neapel erweitern. Besonders wichtig ist der starke Bezug zu Amalfi, der durch die historisch gesehen gute Bindung der beiden Stadtverwaltungen im Laufe des 10. Jahrhunderts zu intensiven Kollaborationen führt: der neapolitanische Leinen und andere lokale Produkte werden von den amalfitanischen Schiffen vertrieben und der Markt dadurch bis über die bisherigen Grenzen erweitert.

Hilfe und Ansiedlung der Normannen

Der Vesuv verbreitet im Jahr 1007 durch seine Ausbrüche Angst und Schrecken und nur durch die Hilfe des Normannen Rainulf Drengot und seiner Söldnertruppe können die Landstraßen gesichert werden. Zum Dank dürfen die Normannen die Grafschaft von Aversa besiedeln und diese Entscheifung wird in naher Zukunft die Geschichte Süditaliens stark beeinflussen. Das Herzogtum von Neapel versucht weiterhin einen Ausgleich zwischen eigener Autonomie und der Bindung zu Konstantinopel zu finden.

Angriff der Langobarden

Als in Konstantinopel Konstantin VIII zum Kaiser und Konrad der Salier im deutschen Reich zum König gekürt werden, schafft es Pandulf IV von Capua, als erster und letzter longobardischer Fürst, in Neapel einzudringen. Der neapolitanische Herzog Sergio IV flüchtet in das befreundete Herzogtum von Gaeta. Noch im gleichen Jahr 1027 wird Neapel von Sergio IV dank der Mithilfe der Normannen aus Aversa von den Langobarden befreit.

Aufstieg des Handelshafens von Neapel

Der florierende Handel des Herzogtums von Neapel wird neben den Amalfitanern auch von Kolonnien aus Sorrent und Gaeta angekurbelt. Trotz der vom Herzogtum von Neapel errungenen Autonomie der beiden Städte bleibt die Kollaboration weiterhin sehr aktiv. Die kulturelle Integration der Langobarden in Kampanien ist durch viele Friedensprozesse mittlerweile weit fortgeschritten und Neapel wird für die langobardischen Produkte ein attraktiver Exporthafen in Richtung Sizilien, Afrika und dem Orient. Die jüdischen Händler leben unweit des Portanova-Viertels und man kann davon ausgehen das auch der muslimische Einfluss zu jener Zeit intensiv ist. Immer wieder werden bis heute Überreste von muslimischen Siedlungen ab dem 9. Jahrhundert in Süditalien entdeckt und in verschiedenen Dokumenten wird das Herzogtum von Neapel wegen der starken Kollaboration mit den Sarazenen immer wieder kritisiert. Eine muslimische Minderheit, teils aus Spanien und teils vor den Normannen aus Sizilien geflüchtet, leben zur Mitte des 11. Jahrhunderts in Neapel, da aus dieser Zeit einige Grabsteine in kufischer Schrift stammen. Die natürlichste Integration, wegen ihrer engen Bindung an die byzanthinische Tradition und Identität, haben die vor den sarazenischen Angriffen und Zerstörungen geflüchteten verschiedenen italisch-griechischen Gruppen aus Kalabrien und den weiteren Teilen Süditaliens, die in Neapel und im Umland ihr neues Glück suchen. Der Hafen von Neapel zur Zeit des Herzogtums wird ein wichtiges Bindeglied zwischen dem eigenen Inland und dem Absatzmarkt des Mittelmeers: die wichtigste Rolle spielt dabei der fruchtbare Boden des Umlands und die damit zusammenhängende Produktion, die ab dem Hafen von Neapel von den verschiedenen Handelskolonnien vertrieben wird.

Italien im Jahr 1000
Die Landwirtschaft um Neapel

Die Jahrzehnte vor und nach der ersten Jahrtausendwende sind die Jahre der großen Veränderung, bei der große Flächen angebunden und landwirschaftlich genutzt werden. In den darauffolgenden Jahren bis in die 20er und 30er Jahre des 12. Jahrhunderts, als Resultat der politischen Instabilität, gibt es teilweise auch eine verminderte Produktion und zumindest einen eher mässigen Wachstum, da die Neapolitaner sich aus militärischen Gründen weniger auf die Verwandlung der landwirtschaftlichen Flächen und Produkte konzentrieren können. Die Nutzung der lokalen landwirtschaftlichen Flächen wird ein Echo auf den gesamten Handel des Mittelmeers haben, da die fruchtbare Ebene am Vesuv eine der produktivsten Pole des Südens darstellt. Die Umwandlung und Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen wird zur Basis des wirtschaftlichen Erfolgs und Entwicklung des Herzogtums von Neapel.

Der Handel der religiösen Orden

Besonders die religiösen Orden investieren stark in die Landwirtschaft und nutzen es aus das sie von der Produktion bis zum Vertrieb und dem Transport alles durch eigene Männer leiten können. Die Investitionen in die Landwirtschaft der kirchlichen Institute sind etwa dreimal so hoch wie die der zivilen Gesellschaft.

Die Normannen in Neapel

Der Normanne Roger II von Sizilien erweitert sich nach Apulien und wird erst Herzog von Apulien und schließlich von Benevent. Nachdem auch die beiden weiteren langobardischen Fürstentümer von Salerno und Capua erobert werden, erwartet Roger eine sofortige Aufgabe der neapolitanischen Bevölkerung. Doch die Übernahme von Neapel durch die Normannen lässt auf sich warten und etwa 60 Galeeren von Roger werden in die Flucht geschlagen. Erst nach langen von Kämpfen und Belagerungen geprägten Jahren ergibt sich das Herzogtum von Neapel und wird durch den Schwur der Treue ein Vasall des Königs Roger II.

Sieg der Familie Hauteville

Der neapolitanische Herzog Sergio VII ist somit gezwungen zusammen mit König Roger gegen Rainulf von Alife, aus der normannischen Familie Drengot und mit dem Papst verbündet, im Jahr 1138 die Schlacht des Gargano zu kämpfen, in der er schließlich sterben wird. Nur ein Jahr später stirbt auch Rainulf durch mangelhafte medizinische Betreuung und Roger II. aus der Familie Hauteville wird alleiniger Herrscher Süditaliens. Der Papst Innozenz II hat keine weitere Wahl als Roger in Benevent als König von Sizilien, seinen Sohn Roger als Herzog von Apulien und Anfuso als Graf von Capua zu küren.

Ankunft von Roger II in Neapel

Sergio VII hinterlässt keine Erben in Neapel, das wahrscheinlich, erschöpft von Jahren der Belagerung und des Kampfes, durch den Erzbischof Marino verwaltet wird und schließlich im Jahr 1140 König Rogers Ankunft mit einer aufwendigen und ehrwürdigen Feier empfängt und somit Teil der normannischen Königreichs wird.

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Die Geschichte Kampaniens und Neapels

Die Seerepublik von Amalfi

Die Seerepublik von Amalfi ist die erste und über 200 Jahre lang wohl die bedeutendste Seerepublik Italiens. Der Begriff “Seerepublik” entstammt einer Definition aus dem 19. Jahrhundert, mit der die wichtigsten italienischen Städte benannt werden, die durch den Handel über dem Meer zu großem Reichtum und politischer Autonomie gekommen sind. Neben Amalfi waren zum Beispiel auch Venedig, Genua und Pisa mächtige Seerepubliken. Die vier Wappen der Seerepubliken formen heute die Fahne der italienischen Marine.

Der Ursprung von Amalfi

Die Gründung der Stadt Amalfi ist wahrscheinlich mit der Funktion einer Festungsanlage innerhalb der byzanthinischen Verteidigungsstruktur verbunden, die gefährliche langobardische Angriffe abhalten sollte. In der alten defensiven Struktur entwickelt sich erst ab dem 6. Jahrhundert langsam eine selbstständige Bürgerschaft.

Blick auf Atrani, charakteristischer Nachbarsort von Amalfi
Die Aufstieg der Handelsmarine

Eine intensivere Entwicklung von Amalfi ist ab der Mitte des 8. Jahrhunderts sichtbar: eine etwa 70 Jahre dauernde Pause der sarazenischen Übergriffe erwirkt eine Verstärkung der Handelsroute von Sizilien und dem muslimischen Afrika zur Küste Kampaniens. Durch die Lage am steilen Hang und dem verbundenen Mangel an Ackerland, dafür aber gut geschützt gelegen, ist das Glück Amalfis fast zwangsläufig mit der Marine und dem Handel verbunden. Zu dieser Zeit ist Amalfi noch vom Herzogtum von Neapel abhängig, erreicht aber mittlerweile eine ebenbürtige Wichtigkeit, die auch durch den allgemeinen wirtschaftlichen Wachstum der kampanischen Küste und des Mittelmeerraumes verstärkt wird. In Neapel legen viele amalfitanische Schiffe an und verschiedene Straßen werden von amalfitanischen Stoffhändlern bewohnt. In Kampanien haben amalfitanische Handelskolonien auch in Capua und Benevent einen Sitz, im Sūden Italiens ebenfalls in Palermo, Messina, Reggio Calabria als auch in verschiedenen Hafenstädten Apuliens wie zum Beispiel Trani.

Die Unabhängigkeit von Neapel

Amalfi schafft es ihre politische und militärische Autonomie durch die Abwehr der langobardischen Angriffe zu wahren. Von 783 bis 785 wird Amalfi vom beneventanischen Fürst Arich II belagert und erst duch die Hilfe des Herzogtums von Neapel befreit. Erst 839 wird Amalfi von den Langobarden durch Sichard besiegt und ein Teil der Bevölkerung nach Salerno deportiert, durch eine Ribellion befreit sich Amalfi jedoch im selben Jahr und erreicht seitdem faktisch zum ersten Mal eine Unabhängigkeit vom Herzogtum von Neapel. Die überlegene sarazenische Handelsmarine kontrolliert in dieser Epoche den Mittelmeerraum. Nur Venedig und Amalfi bleiben zu jener Zeit noch durch Handel auf dem Mittelmeer aktiv: Venedig durch den Direktkontakt mit Konstantinopel über das adriatische und ionische Meer, während die Seerepublik von Amalfi für die Handelsmarine der islamischen Welt der letzte christliche Haupthafen darstellt.

Ein im orientalischen Stil nachgebautes Hotel in Amalfi
Die Entwicklung des Handels

Im Laufe des 9. Jahrhunderts emanzipiert sich die Seerepublik von Amalfi von der Abhängigkeit vom Herzogtum von Neapel. Eigene Komitees und Präfekte werden ernannt, die zu Mitte des 10. Jahrhunderts durch einen Herzog ersetzt werden. In diesen schwierigen Zeiten schafft es Amalfi sich ein Gleichgewicht zwischen Langobarden und Sarazenen sowie byzanthinischen und fränkischen Kaisern zu schaffen sowie eine Autonomie zu wahren. In diesem schwierigen Kontext entwickelt sich der amalfitanische Handel und die Marine erreicht im 9. Jahrhundert den Vatikanstaat, Sizilien und Tarent und im 10. Jahrhundert die wichtigsten Häfen des östlichen Mittelmeers. Zudem wurden durch die Prefetturi Mühlen betrieben, um den Profit aus dem Getreidehandel noch zu steigern. In dieser Zeit wird die Seerepublik von Amalfi durch den strategisch gelegenen Handelshafen ein Treffpunkt der italischen, byzanthinischen und arabischen Welt. Amalfi entwickelt sich zu einer der wenigen im Orient bekannten Städte Italiens des 10. Jahrhunderts.

Vermittlung und Handelskolonnien

Durch die relativ geringe Größe des Herzogtums und des damit verbundene Mangels an eigenen Exportprodukten, basiert sich Amalfis Handelsglück auf die eingenommene Vermittlerrolle. Nach Nordafrika wird europäisches Holz, Getreide und Eisen geliefert, im Gegensatz werden Seidenstoffe, Medizinalien, Luxusgüter und weitere Produkte aus der arabischen und byzantinischen Welt nach Amalfi gebracht. Die Händler Amalfis bewegen sich entlang der tyrrhenischen Küste, nach Norditalien, bis ins adriatische Meer mit Sitzen in Ravenna und Durrës. Dank eines Paktes mit dem beneventanischen Fürsten Sichard aus dem Jahr 839 ist es den Amalfitanern möglich sich frei zu bewegen und somit auch Nordafrika zu erreichen, wo Handelskolonien mit eigenem Recht in Tunis, Alexandria, Kairo, Tyros und Konstantinopel errichtet werden. Noch vor Pisa und Venedig erhält Amalfi für seine Händler in Konstantinopel Baugrund, Lagerräume, eine Kirche und einen Friedhof.

Das Territorium der Seerepublik von Amalfi

Der Wohlstand und die politische Relevanz der Seerepublik von Amalfi steigert sich erheblich. Ibn Hawqal, ein wichtiger Händler aus Baghdad, besucht Amalfi im Jahre 972 und beschreibt sie als wohlhabendste Stadt der Longobardia und mittlerweile wichtiger als Neapel. Zu ihrer Glanzzeit erreicht die Seerepublik von Amalfi eine territoriale Ausbreitung von Cetara bis Positano inklusive der Insel Capri, sowie einen bedeutenden Teil des Lattari-Gebirges mit den Schlössern von Gragnano und Lettere nah der Grenze zum Herzogtum von Sorrent.

Papier und orientalische Elemente

Die Amalfitaner gehören zu den ersten, die die Verwendung des Kompasses im Westen verbreiten und eine neue Papierproduktion entwickeln, die schließlich das Pergament ablösen wird. Auf ihren Reisen im Orient lernen die Amalfitaner auch neue Kunstformen und Bautechniken, die den eigenen etwas kargen romanischen Stil mit byzanthinischen und arabischen Elementen bereichern und zur Geburt des “amalfitanischen Romanikstils” führen wird.

Die Verbreitung des Kompasses

Wegen einer Fehlinterpretation bei der Übersetzung eines Textes des Humanisten Flavio Biondo dachte man lange, daß der amalfitaner Flavio Gioia der Erfinder des Kompasses gewesen wäre. In Wirklichkeit hat ein Flavio Gioia wohl nie wirklich existiert, da der Kompass wahrscheinlich aus China eingeführt worden ist und die Amalfitaner dieses Instrument weiterentwickelt und den Brauch bei den europäischen Handelsmarinen verbreitet hätte.

Die Tabula de Amalpha

Klare Hinweise auf die wichtige Rolle der Frauen Amalfis und die Verhaltensregeln an Bord werden schließlich mit der Tabula de Amalpha im gesamten Mittelmerrraum verbreitet: die amalfitanischen Tafeln enthalten einen Teil in Lateinisch aus dem 10. Jahrhundert, während ein weiterer Teil im 13. Jahrhundert hinzugefügt wird. Die Tafeln geben klare Hinweise zu Notfällen wie Krankheiten oder Piratenangriffe, den Rechten und Pflichten der Seemänner sowie Hinweise zum Handel und wie man Betrugsversuche vermeiden kann. Der damals sehr innovative Text wird noch bis ins 16. Jahrhundert ein wichtiger Anhaltspunkt der internationalen Handelsmarinen bleiben.

Erhaltene Mosaikdekorationen – sichtbar im Dom von Amalfi
Bronzetüren aus Konstantinopel

Die amalfitanischen Händler im Orient erwirtschaften beachtliche Reichtümer. Unter ihnen war auch Pantaleone, ein kaiserlicher Patrizier, der im Jahr 1060 dem Dom von Amalfi und im Jahr 1071 der Abtei von Montecassino zwei in Byzanz gegossene Bronzetüren schenken wird und versucht mit Hilfe der kaiserlichen Macht die Gefahr der Normannen zu bekämpfen. Sein Sohn Mauro gründet währenddessen Altersheime in Jerusalem und Antakya.

Der Ursprung des Malteser-Ordens

Einige Jahre vor der Befreiung Jerusalems durch die Kreuzzüge im Jahr 1099 erhalten einige Händler und benedektinische Mönche unter dem Frate Gerardo Sasso da Scala um den vielen Pilgern Unterstützung geben zu können vom ägyptischen Kalifen die Erlaubnis nahe dem heiligen Grabmahl in Jerusalem ein Krankenhaus sowie eine Kirche mit dem Namen Santa Maria dei Latini zu errichten: dies ist der Ursprung des Johanniter-Ordens von Jerusalem, der schließlich nach Rhodos und Malta weiterziehen wird und bis heute das antike Stadtsymbol Amalfis mit dem weißen oder silbernen Kreuz mit acht Spitzen im Wappen trägt.

Der Verlust der Autonomie an die Normannen

In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts verschlechtert sich die Lage der Seerepublik von Amalfi, die sich wegen dem beständigen Druck der Langobarden im Jahr 1073 an Robert Guiskard, dem normanischen Grafen von Apulien wenden um ihn nach Schutz zu ersuchen. Der wirtschaftliche Niedergang der Stadt wurde 1082 besiegelt, als Venedig von Byzanz das Monopol für den Westhandel zugesprochen bekam. Ab diesem Zeitpunkt leidet Amalfi unter den Normannen und es entstehen über 50 Jahre lang gewalttätige Aufstände gegen die neue Besatzung, die endgültig von Roger II dem Normannen im Jahre 1131, nur einem Jahr nachdem er zum König von Sizilien gekürt wurde, niedergeschlagen werden.

Die Zerstörung Amalfis durch die Pisaner und Langobarden

Die Seerepublik von Amalfi bleibt zwar weiterhin ein Herzogtum mit Handelsprivilegien, doch nur vier Jahre später erreicht die pisanische Flotte, die langobardische Armee des Fürsten von Capua und weitere Feinde der Normannen mit 46 Kriegsschiffen die Amalfiküste um den historischen Rivalen Amalfi größtenteils zu zerstören. Seit einiger Zeit hatten die Pisaner eine Handelsloge in Neapel und ihren Handel mittlerweile bis Sizilien und in den Orient erweitert und waren somit offizielle Konkurrenten der Amalfitaner, während das Herzogtum von Neapel zu jener Zeit sich noch nicht den Normannen ergeben hatte. Amalfi und viele weitere Küstenstädte des Herzogtums werden heftig ausgeraubt. Nur zwei Jahre später greift die pisanische Marine erneut an: während sich Amalfi durch Gold freikaufen kann, werden Scala und Ravello drei Tage lang stark beschädigt und die lokale Wirtschaft erleidet einen harten Schlag von dem sie sich lange nicht erholen wird.

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Die Geschichte Kampaniens und Neapels

Das frühe Mittelalter in Kampanien und die Langobarden

Das frühe Mittelalter in Kampanien ist von einer regionale Krise und dem Verfall des weströmischen Imperiums geprägt. Von einem wirtschaftlichen und demografischen Rückgang betroffen, verschlimmert sich mit den barbarischen Invasionen der Westgoten unter Alarich und den nordafrikanischen Vandalen, die im Jahre 456 Capua verwüsten. Schlimme Folgen hat auch der sich fast ausschließlich auf dem Territorium Kampaniens ausgetragene lange Krieg der Gothen mit den Byzantinern.

Die Byzanthinisch-langobardische Verbündung gegen die Goten

Das Inland Kampaniens und besonders die Gegend um Benevent werden von den Langobarden bevölkert, da sich die Byzanthiner zur Zeit der gotischen Kriegen mit ihnen verbünden. Der letzte König der Goten Teja fällt um 552 n. Chr. auf kampanischem Boden und die restliche Besatzung der Ostgoten versucht bei Conza im heutigen Irpinien letzten Widerstand zu leisten. Der byzanthinische General Narses wird von den Langobarden ausschlaggebend geholfen, um die Ostgoten endgültig zu besiegen. Auch aus Verteidigungsgründen ermöglicht Narses den Langobarden das Gebiet um Benevent zu besetzen: der Grundstein der Ansiedliedlung und der Geburt des Herzogtums von Benevent ist gelegt und Zotto wird um 568 n. Chr. erster Herzog von Benevent.

Langobardische Autonomie und Ausbreitung unter Zotto

Nach dem Sieg gegen die kaiserlichen byzanthinischen Truppen unter Baduar erreicht das Herzogtum der Langobarden unter Zotto in recht kurzer Zeit eine Autonomie von Byzanz. In nur 10 Jahren von 570-580 n. Chr. erobert Zotto das gesamte Inland Kampaniens, das die Byzanthiner durch weitgehend fehlende Verteidigungsmittel schwer verteidigen konnten. Das Herzogtum von Benevent erweitert den langobardischen Einfluß über weite Teile Süditaliens.

Kulturelle Trenung innerhalb der Region Kampanien

Die ehemalige römische Provinz Kampanien, die mittlerweile nur noch das Gebiet der Küste am Golf von Neapel beinhaltet, wird somit im Jahr 590 abgeschafft und durch die Herzogtümer von Neapel und Rom ersetzt. Weitere Stützpunkte werden von den Byzanthinern in Gaeta, Sorrent, Amalfi und Salerno gesichert. Nach Jahrhunderten der politischen Einheit innerhalb Kampaniens unter dem römischen Imperium entwickelt sich nun parallel eine italisch-griechische Kultur an der Küste und eine italisch-langobardische Kultur im Inland Kampaniens.

Die kulturelle Integration der Langobarden im Süden Italiens

Anders als in Norditalien erfolgt die Eroberung des Südens nicht durch eine Strategie oder einer Masseneinwanderung aus Pannonien. Es kommen vorüberwiegend Söldner und Krieger in den Süden, die durch Bandenbildung Raub und Überfälle tätigen, da sie ja ursprünglich von den Byzanthinern bezahlt wurden, um die gotische Plage zu beheben. Selbst Herzog Zotto könnte ursprünglich ein Bandenchef der langobardischen Söldner gewesen sein. Dadurch ist der langobardische kulturelle Einfluß zwar weniger intensiv als im Norden Italiens, andererseits ist die kulturelle Integration mit der in der großen Überzahl stehenden lokalen Bevölkerung wohl einfacher. Die Grabmähler der Longobardia Minor scheinen diese These zu bestätigen.

Die Herzogtümer von Benevent und Spoleto in Mittel- und Süditalien

Die von den Langobarden besetzten Gebiete in Mittel- und Süditalien werden mit dem Namen Langobardia Minor bezeichnet und beinhalten die Herzogtümer von Spoleto und Benevent. Während das norditalienische Langobardia Maior in verschiedene und wechselnde Herzogtümer und Gastale aufgeteilt wird, behält die Langobario Minor über den gesamten Zeitraum des langobardischen Reichs (568-774) in den beiden Herzogtümern von Spoleto und Benevent eine erhebliche istitutionelle Stabilität. Auch wenn sich die Herzogtümer von Spoleto und Benevent strukturell an das langobardische Reich von Pavia binden, wird in jenem Zeitraum eine weitreichende Autonomie gegenüber der Zentralregierung genossen (und von 574 bis 584 sogar eine komplette Unabhängigkeit).

Die Langobarden und Byzanz
Große Spannungen im 7. Jahrhundert mit Byzanz

Besonders zu Anfang ihrer Ausbreitung üben die Anfangs eher kriegerischen Langobarden enormen Druck auf die byzantinischen Küstenstädte aus. Zwar schaffen sie es nicht Neapel, Sorrent und Amalfi einzunehmen, doch fallen Capua, Nocera und im Jahre 630 sogar die erste Hafenstadt Salerno in ihre Hände. Selbst wenn man in Vergangenheit wohl den Einfluß der Langobarden meist als zu kritisch und negativ betrachtet hat, kann man heute kaum bestreiten das das sechste und das siebte Jahrhundert wohl zu den schwierigsten der Geschichte Kampaniens gehört.

Ein Herzog aus Benevent als König der Langobarden

Unter Grimoald wird im Jahre 662 sogar ein beneventanischer Herzog König der Langobarden, doch seine Herrschaft wird im Endeffekt eine erste starke Abhängigkeit Benevents gegenüber der zentralen Gewalt bedeuten. Unter Grimoald wird die Separation von Pavia und Benevent beibehalten und die beiden Throne an zwei seiner Söhne verteilt.

Die Konversion der Langobarden zum Christentum und das Aufblühen der benedektinischen Kultur

Erst gegen Ende des 7. Jahrhunderts entspannt sich der Druck zwischen den Byzanthinern und den Langobarden wohl Dank der Konversion der Langobarden zum Christentum durch den beneventanischen Bischhof Barbato. Die christliche Konversion bildet schließlich auch die Grundlage des Aufblühens des lokalen benediktinischen Mönchtums, des Wiederaufbaus des im Jahre 581 von Zotto, dem ersten langobardischen Herzog von Benevent, schlimm verwüsteten Klosters von Montecassino, als auch der Gründung der Abteien von San Vincenzo al Volturno im heutigen Molise und Santa Sofia in Benevent. Der kulturelle Einfluß der benedektinischen Mönche ist enorm: eindeutiges Zeichen hierfür ist die Erfindung der sogennanten Buchschrift Beneventana.

Die Abtei von San Vincenzo al Volturno
 
Die Rivalität zwischen der Londobardia minor und maior im 8. Jahrhundert

Nachdem das Herzogtum von Benevent den Byzanthinern im Laufe der vorherigen 150 Jahren große Gebiete entzogen hat und sich die Grenzen stabilisiert haben, entwickelt sich das das langobardische Reich Norditaliens und nicht mehr Byzanz zum neuen Hauptrivalen. König Liutprand versucht in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts mehrmals eigene Kandidaten auf die Throne von Benevent und Spoleto zu bringen. Sein Nachfolger Rachis erklärt die Herzogtümer von Benevent und Spoleto sogar als Fremdgebiete, die man ohne königliche Erlaubnis nicht mehr besuchen darf.

Der Einfluß der Franken in der langobardischen Kultur

Die langobardischen Herzogtümer Süditaliens (Longobardia minor) entwickeln sich im Laufe der Jahrzehnte immer unabhängiger von den Langobarden Norditaliens und der Hauptstadt Pavia, so daß Benevent unter Arich dem Zweiten im Jahre 774 zum Fürstentum aufsteigt. Das Herzogtum von Benevent bleibt somit selbst nach der Eroberung des langobardischen Reichs durch Karl dem Grossen im Jahr 774 noch in langobardischer Hand, auch wenn der Thron nun von Fürsten fränkischem Ursprungs besetzt wird.

Die Entwicklung der langobardischen Hafenstadt Salerno

Nachdem Arich II seinen Hof nach Salerno verlegt, entwickelt sich nun erstmals auch eine wichtige langobardische Hafenstadt mit einer veränderten Stadtstruktur, einer großen Burg und neuen Stadtmauer. Salerno wird die Langobarden zwar nicht zu einer Seemacht aufrichten, doch entsteht zumindest eine neue Rivalität zwischen ihr und der tradtionsbewussten und konservativeren Hauptstadt Benevent. Das langobardische Reich Süditaliens wird bei seiner weitesten Expansion fast ganz Kampanien, Molise, die Basilicata sowie Teile Apuliens und Kalabriens beinhalten. In Sizilien, Neapel, Gaeta und der amalfitanischen und sorrentinischen Halbinsel bleibt hingegen der byzanthinische Kultureinfluß erhalten.

Kultureller Wachstum und Geburt des Fürstentums von Salerno

Der einflussreichste Fürst von Benevent wird Sico I., Eroberer von Neapel, von wo er die Reliquien des heiligen Januarius rauben und nach Benevent bringen wird. Das 9. Jahrhundert wird trotz vieler Probleme kulturell das bedeutendste des Fürstentums von Benevent, in dem auch die beeindruckende Santa Sofia-Kirche noch unter Arich II errichtet wird. Zwar gibt es nach dem Königsmord an Sicard im Jahr 851 durch den Einfluß von Ludwig II dem Deutschen eine Trennung in zwei Fürstentümer: neben dem Fürstentum von Benevent wird das Fürstentum von Salerno geboren, das einen erheblichen Teil des zentralen und südlichen Gebiets des langobardischen Herzogtums von Benevent übernimmt und nun endgültig autonom wird. Dem neuen Fürstentum von Benevent hingegen bleibt ein erheblicher Teil Apuliens, die Region Molise und der Sannio erhalten.

Erhaltene Autonomie und Einfluss der beneventanischen Kirche

Interessanterweise bleibt nach dem Fall des langobardischen Reichs das Herzogtum von Benevent, später Fürstentum, faktisch das einzige langobardische Gebiet, das über fast 300 Jahre eine eigene Autonomie bewahren wird, trotz der Aufteilung einiger Gebiete im Jahr 851. Die kulturelle Autonomie der voherigen Jahrhunderte ist somit die Konsequenz der politisch-geographischen Situation jener Zeit. In der beneventanischen Kirche entwickelt sich als Gegenpol zum gregorianianischem Chor ein Gesang mit eigenem Stil und Rhythmus, der alsbeneventanischer Gesang bekannt wird. In diesem Kontext entwickelt sich auch die bereits erwähnte Schriftform “beneventana”, die für die Wiedergabe der lateinischen Sprache bestimmt ist und sich im langobardischen Süditalien stark verbreitet.

Die Schriftform „Beneventana“
Ansiedlung der Sarazener und Geburt des des dritten langobardischen Fürstentums Capua

Die Sarazenen entwickeln sich von ihrer Rolle als Söldner recht schnell zu einer autonomen Kraft und siedeln sich in Licosa (845), Agropoli (882) und am Garigliano (von 883 bis 915) an. Von hier aus planen sie regelmäßige Angriffe und machen große Teile Süditaliens unsicher. Die regional historisch wichtige Stadt Capua fällt in eine tiefe Krise und wird schließlich im Jahre 841 von einem Angriff der Sarazenen stark beschädigt. Erst im Jahre 856 wird Capua in einer neuen und sicheren Lage wieder neu aufgebaut (das antike Capua kennt man heute unter Santa Maria Capua Vetere) um sich im Laufe des zehnten und elften Jahrhunderts zu einem von Salerno und Benevent unabhängigen weiterem langobardischen Fürstentum zu entwickeln. Durch die andauernden Übergriffe der Sarazenen und die verschiedenen politischen Trennungsprozesse (wie im Falle von Salerno und Capua) beginnt im 9. Jahrhundert in Süditalien eine langsame Zergliederung der langobardischen Einheit, allerdings werden die drei Fürstentümer gemeinsam die kulturelle Identität der Langobarden in Kampanien noch bis zur endgültigen Übernahme der Normannen von Salerno im Jahr 1077 wahren.

Erscheinung der Normannen am Golf von Neapel

Um das Jahr 1000 erscheinen in Süditalien normanische Krieger, die je nach Bezahlung und Lohn von den Mächtigen als Söldner eingestellt werden um lokale Streitereien für sich zu entscheiden. Eine wichtige Persönlichkeit ist die Familie Hauteville unter Robert Guiskard, der die Fürstin von Salerno Sichelgaita heiraten wird. Im Jahre 1027 schenkt Herzog Sergius IV von Neapel dem Normannen Rainulf Drengot und seinen Söldnern die Grafschaft von Aversa, als Dank zu ihrer Unterstützung in einem der Kriege gegen das langobardische Fürstentum von Capua. In Aversa unweit von Neapel wird somit der erste normannische Vorposten Süditaliens geboren.

Übernahme von Benevent durch den Vatikan

Der Untergang des Fürstentums von Benevent wird im 11. Jahrhundert immer sichtbarer: im Jahr 1022 nimmt der Kaiser Heinrich II. die Hauptstadt Benevent ein, muss allerdings voreilig nach Deutschland zurückkehren. Durch den Einmarsch der Normannen kurze Zeit später ist das Ende des Fürstentums besiegelt. Robert Guiskard nimmt Benevent im Jahr 1053 ein und ordnet die ehemalige langobardische Hauptstadt dem Vatikan unter. Bis 1081 ernennt der Vatikan noch einige Fürsten, daraufhin wird das Fürstentum endgültig aufgelöst. Ab 1230 bis zur Vereinigung Italiens im Jahr 1860 wird Benevent dauerhaft vom Vatikanstaat regiert.

Italien im Jahr 1000
Das elfte Jahrhundert: goldenes Zeitalter von Salerno

Das Fürstentum von Salerno erhält über längere Zeit eine aktive Rolle. Guaimario IV, Fürst von Salerno von 1027 bis 1052, erweitert das Fürstentum weit über die bisherigen Grenzen: Amalfi, Sorrent, Gaeta und große Teile Apuliens und Kalabriens sind nun Teil des salernitanischen Reiches. Salerno träumt davon ganz Süditalien in seinem Fürstentum zu vereinigen und auf den hergestellten Münzen wird der Begriff Opulenta Salernum geprägt. Der Handel von Salerno erlebt im 10. und 11. Jahrhundert ein goldenes Zeitalter und auch die medizinische Hochschule von Salerno wird die berühmteste medizinische Einrichtung ganz Europas jener Zeit.

Ende des letzten langobardischen Fürstenturms von Kampanien

Doch auch Salerno muss sich mit den Normannen und Robert Guiskard messen. Die Stadt wird ab dem Jahr 1076 belagert, nach 8 Monaten eingenommen und im Jahr 1078 Hauptstadt des normanischen Reiches an Stelle der vorherigen Hauptstadt Melfi. Der letzte langobardische Fürst Gisulf II wird Salerno verlassen und nach Sarno (nach einer kurzen Flucht nach Rom) ins Exil geschickt. In diesen Jahren ersetzt die Namensgebung Terra Laboris (aus einem Dokument von 1092) nun den vorherigen Namen Campania, die auch unter den Normannen beibehalten wird.

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