Der Klarissenkreuzgang oder sogenannte Maiolica Kreuzgang des Klosters von Santa Chiara in Neapel ist wegen seiner berühmten und aufwendigen Fliesen(Maiolica)-Dekoration eine absolute Besonderheit innerhalb der Altstadt. Der Maiolica Kreuzgang wurde anders als die Basilika von Santa Chiara bei den Bombardierungen im zweiten Weltkrieg zum Glück nur teilweise beschädigt und konnte die gothische Struktur und die barocke Dekoration erhalten. Der Maiolica Kreuzgang ist mit dieser zusätzlichen Benennung bekannt um ihn auch von der beiden kleineren Kreuzgängen der franziskanischen Zittadelle zu unterscheiden. Die Dekorationen haben interessanterweise einen starken weltlichen Charakter und geben dem Ambiente das Gefühl eine fröhliche Ruheoase innerhalb der Altstadt von Neapel zu sein. Heute ist von diesem Komplex neben dem Kreuzgang auch die Basilika von Santa Chiara, das Museo dell’Opera und die archäologischen Ausgrabungen aus der Antike unter der Kirche zu besichtigen.
Die Struktur und Dekoration des Kreuzgangs
Die Struktur des Kreuzgangs ist rechteckig (82,3 mal 78,3 Meter) mit einem Portikus und zwei Hauptwegen, die sich kreuzen und den Kreuzgang in 4 Bereiche aufteilt. Zwei von ihnen wurden zum Anbau von Pflanzen als Nutzgarten und zwei weitere in italienische Gärten mit Büschen und Brunnen als Kunstgärten angerichtet. Die gothische Struktur besteht aus 66 Spitzbögen, die auf 72 kleinen oktagonalen Pfeilern stützen. Der Portikus des Kreuzgangs wird von einem Kreuzgewölbe bedeckt, wobei sowohl die Wände als auch die Decke des Portikus dabei mit Fresken dekoriert sind. Die Dekoration des Maiolica Kreuzgangs wurde unter Domenico Antonio Vaccaro in den Jahren von 1739 bis 1742 nach Auftrag der Äbtissin Ippolita di Carmignano Dank den finanziellen Mitteln des Konvents und einer Hilfe der Königin Maria Amalia von Sachsen (Ehefrau von Karl III.) umgesetzt.
Die Freskendekoration
Die Freskendekoration des Maiolica Kreuzgangs ist in drei Bereiche aufgeteilt. Der untere Bereich besteht durchgehend aus Sitzbänken aus Piperngestein und einer Dekoration aus Schneckenformen und Kartuschenwerk. Der mittlere Bereich unterteilt sich in grosse Ausschnitte, die dem Ausmass des Säulenjochs gleichen. Im südlichen Bereich des Kreuzgangs mit den gothischen Einzelfenstern sind die Fresken in zwei statt einer Geschichte aufgeteilt. Die Freskendekoration der heute leider nicht bekannten Künstler stammen aus dem 14. (Madonna mit Kind zwischen den Heiligen Jakob und Andreas) bis ins 17. Jahrhundert (Die Figuren der Heiligen, Tugenden und Geschichten des Alten und Neuen Testaments). Auf der Höhe des Klarissenfriedhofs wurde hingegen ein Fresko mit der Illustration des Todes einer Nonne umgesetzt. Ein Teil des nördlichen Bereichs , der zur Basilika von Santa Chiara angrenzt, wurde leider bei der Bombardierungen von 1943 zerstört und ist daher heute karg. In der Deckendekoration und im oberen Bereich der jeweiligen Wände wurden Lünetten eingesetzt, die wiederum von Schneckenformen und Kartuschenwerk umrahmt werden.
Die Terrassen
Über dem Portikus sind die Terrassen des Kreuzgangs zu erkennen, die zu den 4 Schlafhallen der Nonnen gehörten und zum Ende des 16. Jahrhunderts in 117 Zellen auf zwei Reihen mit einem zentralen Flur umgewandelt wurden. Über dem Schlafbereich konnten die Nonnen von einer weiteren Terrasse den Blick auf den Golf von Neapel geniessen. Die Terrassen wurden vonBrüstungen mit kleinen Säulen und Tafeln mit religiösen Themen und den Adelswappen einiger Nonnenfamilien abgegrenzt. Einige der erhaltenen Brüstungen sind heute noch im Museo dell’opera zu besichtigen.
Die Dekoration des Gartens
In dem als Zitrusgarten verwendeten Bereich des Gartens werden die Wege von kleinen mit weissem Stuck besetzten und eine Pergola stützenden oktagonalen Pfeilern begrenzt. Ursprünglich waren die Pfeiler mit 142 schönen Maiolicavasen besetzt, die auf imitiertem weissem Marmor bunt dekoriert waren. Zum Glück sind zwei Vasen sind erhalten geblieben und im Museo dell’Opera zu sehen um sich en Bild der ursprünglichen Dekoration machen zu können. Die Pfeiler und Sitzbänke des Kreuzgangs sind mit den sogenannten Riggiole, also bunter neapolitanische Maiolica mit Motiven, von der bedeutendsten Werkstätte der Stadt der Brüder Donato und Giuseppe Masse verkleidet. Der Begriff Riggiola stammt wahrscheinlich aus dem lateinischen rubeola (rötlich, wie die Farbe der Terracotta) oder aus dem spanischen rajola (Fliese). Tatsächlich wurde die arabische Keramikkunst um 1450 unter König Alfons von Aragon nach Neapel gebracht. Bei den neapolitanischen Riggiole ist dabei typisch das sie manuell mit mineralischen Farben (typisch für Amalfi und Sorrent) auf einem Hintergrung in den in Neapel traditionellen Farben Gelb (Eisenokzid), Grün (Kupferokzid) oder Blau (Kobaltokzid) gefertigt werden. Die Fliesen der Pfeiler vom Maiolica Kreuzgang wurden mit Reben und Girlanden aus Früchten, Blumen und Blättern dekoriert. Die Fliesendekorationen zeigen Themen wie Marine-Landschaften, mythologische Szenen, Jagdszenen, Tänze, Feste und Allegorien der vier Elemente. Nur ein einziges Motiv zeigt eine Darstellung aus dem Klosterleben mit einer Nonne, die die Katzen des Kreuzgangs füttert. Die Nonnen waren somit, trotz ihrer Wahl nicht am frenetischen Leben der Stadt Neapel teilzuhaben und ihrer Klausur, in einer Art mondänem Kontext integriert.
Die Brunnen und die ehemalige Werkstätte
Die beiden Brunnen im Maiolica Kreuzgang basieren auf Becken aus der römischen Antike. Einer der Brunnen wurden durch Fliesen mit gemometrischen Motiven und der andere mit einer Marine-Landschaft dekoriert. An den Brunnen sind auch vier gothische Steinlöwen aus dem 14. Jahrhundert zu erkennen, auf denen ursprünglich vier Karyatiden basiert waren. Ein weiterer aus Stuck errichteter Brunnen mit einem Steintympanon war im a rocaille Stil mit Muscheln, Bimsstein und grünen Glasstücken besetzt. In der Mitte dieses interessanten Brunnens standen Pfeiler mit Pinakeln in grüner Maiolica und zwei emaillierten Delfinen. Ein Teil der Dekoration dieses Brunnens ist glücklicherweise im Museo dell’Opera ausgestellt. Auf der südlichen Seite des Kreuzgangs wurde innerhalb des Gartens einer Befestigungsanlage ähnelndes Gebäude für die Dienstleistungen des Klosters (Waschräume, Werkstätten, eine Wasserzisterne, ein Stall etc.) errichtet. Das Gebäude wurde in der Nachkriegszeit demoliert, daher sind nur noch zwei Steinbecken und einige Pfeiler zwischen dem Portikus und dem Garten zu erkennen.
Die franziskanische Bibliothek
Auf der nördlichen Seite vom Maiolica Kreuzgang von Santa Chiara befindet sich die franziskanische Bibliothek der Provinz von Neapel. Die Räumlichkeiten der Bibliothek waren ursprünglich der Klarissenfriedhof und vielleicht das Kapitelhaus mit der sogenanten Heiligen Treppe des Ordens. Hier werden etwa 50000 Bände zur franziskanischen Geschichte und Kultur sowie 40 Kodexe aus dem 16. und 17. Jahrhundert aufbewahrt. Leider konnten nur wenige Bücher aus dem Konventsarchiv den Brand aus dem Jahr 1943 überstehen. Zwischen den Bücherregalen erkennt man eine Kreuzigung des Gennaro Pierro aus dem 18. Jahrhundert und ein von der Wand gelöstes Fresko mit Heiligen und Devoten aus dem 14, Jahrhundert.
Die Krippe
Vor dem Ausgangsbereich wurde eine besonders schöne neapolitanische Krippe eingerichtet. Die besonders grosse Krippe aus der neapolitanischen Tradition zeigt eine klassische römische Tempellandschaft, in der ein Teil der neapolitanischen Bevölkerungsschicht des 18. Jahrhunderts eingesetzt wurde.
Erleben Sie mit mir oder einem meiner qualifizierten Kollegen die Stadt Neapel bei einer Führung. Gerne können Museen, Kirchen oder andere Besonderheiten individiduell ins Programm eingefügt werden.
Weitere Informationen zu den Monumenten der Stadt Neapel finden Sie auch in der Kategorie in meinem Blog.