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Gastronomie in Kampanien

Die San Marzano Tomate

Das Gebiet der San Marzano-Tomate um Nola ist heute wahrscheinlich das landwirtschaftlich ertragreichste Territorium der gesamten Provinz Neapels, da hier, im Vergleich zu den übrigen Gegenden, die für die moderne Produktentwicklung nötige territoriale Ausgeglichenheiten am besten erhalten wurde. Aufgrund dieser Eigenschaften stellt diese Landschaft heutzutage das Becken dar, in dem neben den Rohstoffen, die in den Industrien verarbeitet werden wie die Tomate, die meisten auf dem neapolitanischen Frischmarkt zu findenden Lebensmittel produziert werden.

Durch die Spanier nach Neapel gebracht

Dieses Produkt, das nach der Entdeckung Amerikas in Italien eingeführt wurde, wurde anfangs schon mit großem Argwohn betrachtet. Im Jahr 1544 beschrieb schon Andrea Mattioli diese Gemüsepflanze in seinem Erbario als eine Art Alraunwurzel und verbreitete den Glauben, das es sich hierbei um eine giftige Frucht handelte, die jedoch geheimnisvolle aphrodisische Eigenschaften besaß.

Eine Zierpflanze findet ihren Weg in die Küche

Demnach wurde sie über lange Zeit nur als Zierpflanze benutzt, doch als diese Beere begann, sich auf sehr üppige Weise längs der neapolitanischen Küstenebenen zu entwickeln, verdrängte sie die anfänglichen Zweifel und Vorurteile. Erst durch das neapolitanische Volk wird der Brauch Tomaten in der Küche zu verwenden verbreitet, indem man sie in Oliven-Öl, Salz und Pfeffer bratet. In den reichen Klassen Neapels bleibt die Tomate bis zum Ende des 17. Jahrhunderts eine Zierpflanze und erscheint erst im 18. Jahrhundert in den Kochbüchern der Oberschicht, wie dem heute noch berühmten “Il cuoco galante” von Vincenzo Corrado. Sehr bald schon war die Tomate sowohl für die Ökonomie, als Rohstoff für die Konservierungsindustrien, als auch für die Gastronomie als das Grundnahrungsmittel von größter Bedeutung, das die neapolitanische Küche charakterisierte.

Das rote Gold Neapels

Es ist schon eigenartig, daß allein in Italien dieses Produkt – das in jedem Teil der Erde mit dem Namen Tomato (oder ähnlichen Begriffen) bezeichnet wird – mit einem zusammengesetzten Wort benannt wird, das die Beere (pomo) mit dem wertvollsten Metall in Verbindung bringt. Mit Sicherheit ist es auch kein Zufall, daß gerade in Neapel der Plural von Pomodoro weiterhin Pomidoro und nicht Pomodori ist, denn es scheint den Ursprung dieser außergewöhnlichen Bedeutung des Begriffs hervorheben zu wollen. Domenico Rea beschrieb diese Gemüseart als…einen ausgepressten Sonnensaft; haltet eine Tomate gegen das Sonnenlicht und ihr werdet etwas durchsichtiges oder bewegliches wie das Meer beobachten können.

Cirio und die Ausbreitung der Tomate in Italien

Die in Kampanien erreichte Spezialisierung im Tomatenanbau kommt in den unterschiedlichen Arten der San Marzano deutlich zum Ausdruck. Diese Tomatensorte stellte den Rohstoff der ersten geschälten Tomate dar, die am Ende des 19. Jahrhunderts von Francesco Cirio in Dosen eingemacht wurden und weist heute ohne Zweifel noch das höchste qualitative Niveau auf, das dieses Nachtschattengewächs momentan erreichen kann. Durch den Verkauf des San Marzano in Konserven von Cirio wird der Konsum der Tomaten in Verbindung mit der Pasta aus Gragnano in Italien erst im 20. Jahrhundert stark verbreitet. Die Tomate ist heute in ganz Italien verbreitet, wird aber speziell in Apulien, Kampanien, der Emilia-Romagna, Kalabrien und Sizilien angebaut. Vor erst 40 Jahren hatte Kampanien noch einen Anteil von 20% der Tomatenproduktion, die heute durch die nationale Verwendung der Tomate auf unter 5% gesunken ist.

Die charakteristische Form der San Marzano Tomate

Die Besonderheiten der San Marzano

Diese verschiedenen Beerenarten, die die Form einer Flasche besitzen und sich durch eigentümliche Fruchtrippen kennzeichnen, erlitten trotz ihrer außergewöhnlichen qualitativen Eigenschaften (die auf den Zuckergehalt des weichen Fruchtfleisches zurückzuführen sind, der jedoch von dem ebenso hohen Säuregehalt ausgeglichen wird) einen langsamen, doch scheinbar unaufhaltsamen Schwund. Weitere Besonderheiten des San Marzano sind die geringe Anzahl von Samen und Ballaststoffen sowie der dünnen leicht schälbaren intensiv roten Schale. Die San Marzano Tomate wird auf ebenen und Agrarflächen vulkanischen Ursprungs der Vesuvgegend angebaut, die einen lockere und tiefe Erde haben und reich an Phosphor und Kalium sind.

Die Ernte

Dies nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, die von den Versuchen, eine höhere Produktivität zu erreichen, abhingen, sondern auch aufgrund der Anwendung von günstigeren Erntetechniken, die die Entwicklung der auf der “Erde” anzubauenden Sorten begünstigen. Doch können diese Techniken nicht bei der San Marzano angewendet werden, die einen senkrecht hochstehen Anbau erfordert – auf einer charakteristischen Art von Gerüsten, an denen sie bis zu einer Höhe von 150 bis 180 cm hochwachsen und somit das Sonnenlicht vollkommen ausnutzen – und demnach nur manuell geerntet werden kann. Die Ernte erfolgt also ausschließlich manuell und bei vollendeter Reife etwa im Zeitraum vom 30. Juli bis zum 30. September.

Kontrollierter und geschützter Anbau in 41 Gemeinden

Dieses ursprünglich aus dem Gebiet um Nocera-Sarno stammende Produkt wurde zuerst der italienischen D.O.C. (Kontrollierter Anbau und Herkunftsbezeichnung) und heute auf internationaler Ebene auch der Ursprungsbezeichnung D.O.P. für würdig erklärt. Das für den Anbau typische Territorium umschliesst neben den zahlreichen salernitanischen und einigen irpinischen (Provinz von Avellino) Gemeinden viele Kommunen der Provinz Neapels, die sich von Caivano und Afragola bis nach Castellammare di Stabia entlang des Vesuvs erstrecken, wie Acerra, Pomigliano, Marigliano, Nola, Palma Campania, Poggiomarino, Boscoreale und Pompei. Erst in den letzten Jahren konnte die Nachfrage dieser besonderen Tomate auch Dank des Schutzes durch die Auszeichnung D.O.P und der Vermarktung durch das von der Region Kampanien ins Leben gerufene Konsortium und Slow Food wieder beständig steigen.

Weitere Infos findet Ihr in meinem Blog zur Gastronomie in Kampanien

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Neapel und Kampanien in der Literatur

Video: Marcello Mastroiannis Bezug zu Neapel

“Ich liebe Neapel. Es ist die am wenigsten amerikanisierte Stadt Italiens, vielleicht ganz Europas…Amerika kann ich natürlich nicht hinzufügen, von dort kommt ja der Einfluß.

Und das obwohl (Neapel) über lange Zeit von amerikanischen Truppen besetzt war. Doch sobald die amerikanischen Truppen abgereist waren, dabei vielleicht ein paar Mischlinge hinterlassen haben, wurde alles amerikanische wieder entfernt.

Die Kraft der Neapolitaner liegt in ihrer Natur, dem Charakter und den Traditionen. Ich mache mal ein banales Beispiel: in einer berühmten Konditorei Neapels waren, neben dem Babà und den typischen neapolitanischen Süßwaren, Pasta mit Bohnen und Pasta mit Kichererbsen im Schaufenster ausgestellt. Damit will ich unterstreichen wie stark die eigenen Traditionen in Neapel verwurzelt sind. Ihr Humor…und die Fähigkeit die Probleme eines ganzen Tages mit einem Spruch zu lösen.

„matrimonio all’italiana“ Sophia Loren und Marcello Mastroianni

Ich habe bei 5 oder 6 Filmen mitgewirkt die in Neapel gedreht wurden. Zum Glück mit Persönlichkeiten wie Vittorio de Sica, Ettore Scola, Jack Lemmon…selbst er war verblüfft. Wer weiss was er erwartet hat! Selbst einen ganzen Koffer mit Medikamenten hatte er mitgebacht. Wer weiss was sie ihm in Hollywood erzählt haben mußten…Cholera und andere Ansteckungsgefahren, die er in Neapel ausgesetzt werden würde. Doch er wurde sich sofort bewusst das dem nicht so war und die Stadt sehr lieblich ist, voll mit Sympathie für Ausländer, weder kriecherisch noch clever und so intelligent um zu verstehen, das man sich alltäglich anstrengen muß um Lösungen zu finden.

In Rom zum Beispiel, auf der Via del Corso, die ich zu Fuß entlanglief und dabei etwas überrascht war da sie eher einem arabischen Markt ähnelte, überfüllt von jungen Leuten mit zerrissenen Blue Jeans die planlos durch die Gegend laufen, hörte ich eine männliche Stimme hinter mir “Meine Güte wie viele Falten! Hast du gesehen wie er gealtert ist?” sagen. Zu einer Freundin oder irgendjemand anders absichtlich laut gesagt, denn ich sollte es ja ebenfalls hören. “Meine Güte wie viele Falten!”. So etwas ähnliches ist mir auch in Neapel wiederfahren: “Marcellì, wir sind doch ein wenig älter geworden, oder? Trinken Sie einen Kaffee mit mir?”

Sehen Sie den Unterschied? Was für eine feine Form, welch Höflichkeit im Gemüt! Ich würde es lieben auf einen neapolitanischen Planeten zu leben, denn ich weiss das ich mich dort wohl fühlen würde. Neapel sollte man als einzigartige Stadt betrachten: sie ist sehr intelligent und was Besonderes, aus diesem Grund kann sie nicht von allen verstanden werden. Jetzt schaut mal hier (Umdrehend und mit der Hand auf die Küste sich zeigend)! Dies hier ist eine schöne Landschaft! Aber wollen wir das mit dem Golf von Neapel vergleichen? (Eine weitere Geste mit Hand mit einem Ausdruck von Nostalgie) “Ammo Perso..” (auf römisch: wir sind die Verlierer).

Marcello Mastroianni, 1996

Folgend: Bilder von Neapel

Musik: Vincenzo La Scola – Passione Mediterranea

Marcello Mastroianni (geb. in Fontana Liri, 1924 – gest. 1996 in Paris) war ein italienischer Kinoschauspieler und einer der berühmten italienischen Persönlichkeiten der 60er und 70er Jahre. Mastroianni verbringt seine Kindheit größtenteils in Turin und zieht mit seiner Familie im Alter von 9 Jahren nach Rom, wo er seine Karriere starten wird.

Besonders beliebt sind bis heute seine Filme unter Federico Fellini und mit Sofia Loren.

Das Interview stammt aus dem Film Mi ricordo, sì, io mi ricordo (auf englisch: I remember) von Anna Maria Tatò und wurde im Jahr 1996 kurz vor dem Tod von Mastroianni gedreht. Die Antworten Mastroiannis beziehen sich auf seine Aufenthalte in Neapel, die hauptsächlich in den 60er und 70er Jahren stattgefunden haben. Die für Neapel sehr schmeichelhaften Antworten ähneln mehr einer Poesie als einer rationalen Antwort. Vielleicht idealisiert Mastroianni die Stadt, doch hat Neapel in jenen Jahren sowohl bei Intellektuellen wie Pasolini als auch im Volk viele gespalten und galt für manche als Hoffnung, während für andere dem Fortschritt verschlossen und traditionell. Im Vergleich zur von Mastroianni beschrieben Stadt ist Neapel heute sicher doch globalisierter und durch den gestiegenen Wohlstand doch mit einem stärkeren amerikanischen Einfluß besetzt. Mastroiannis Liebe zur neapolitanischen Herzlichkeit und den Besonderheiten geben ihm zu verstehen, wie vielen anderen Reisenden auch heute noch, das die Stadt in mancher Hinsicht speziell ist und dessen Komplexität nicht von jederman verstehen werden kann. Zum Abschluß kehrt Mastroianni nostalgisch mit seinen Gedanken in den Zauber des Golfes von Neapel zurück. Mastroianni wird bis heute sehr von vielen Neapolitanern verehrt.

Weitere Berichte und Zitate über Neapel und die Region findet ihr in meinem Blog.